Gewerbeimmobilien-Investmentmarkt 2017 mit neuem Allzeithoch

Die Rahmenbedingungen für den deutschen Gewerbeimmobilien-Investmentmarkt waren auch 2017 durchweg positiv

04. Januar 2018

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FRANKFURT, 4. Januar 2018 - Die Rahmenbedingungen für den deutschen Gewerbeimmobilien-Investmentmarkt waren auch 2017 durchweg positiv. Neben den nach wie vor niedrigen Zinsen haben eine florierende Wirtschaft und starke Vermietungsmärkte für eine lebhafte Nachfrage nach Anlageprodukten gesorgt. Auch der Abbruch der Sondierungsgespräche zwischen CDU/CSU, FDP und den GRÜNEN hat dem deutschen Immobilienmarkt keinen Schaden zugefügt. Politische Themen haben nach Meinung von Immobilieninvestoren ohnehin nur einen relativ geringen Einfluss auf ihre jeweiligen Investitionsentscheidungen.
 
„Wesentliches Kriterium für Investoren ist und bleibt die Frage nach dem wahrscheinlichen Zinsanstieg und welche Folgen dieser Anstieg für den Investmentmarkt haben könnte. Immerhin jährte sich der Beginn der großen Finanzkrise 2017 zum zehnten Mal und zumindest geldpolitisch ist die Europäische Zentralbank mit ihrer Nullzins-Politik noch immer mittendrin im Krisenmodus. Aber die EZB hat zumindest den Einstieg in den Ausstieg angekündigt – durch die Halbierung der Ankaufsvolumina von Staats- und Unternehmensanleihen ab Januar 2018 von bislang 60 auf dann nur noch 30 Milliarden Euro monatlich. Wie auch immer man diese Entscheidung interpretieren mag: Aus meiner Sicht ist dies ein allererster Schritt hin zur Normalisierung der Geldpolitik im Euroraum. Ein echter Zinsschritt ist aber vor Mitte/Ende 2019 nicht zu erwarten“, so Timo Tschammler, CEO JLL Germany.
 
Tschammler weiter: „Die Nachfrage ist nach wie vor vorhanden und intakt, gespeist von dem immer noch deutlich positiven Renditeabstand von Immobilien im Vergleich zu Staatsanleihen. Dieser wird aber mittelfristig kleiner, was aber nicht an steigenden Immobilienrenditen, sondern an steigenden Anleiherenditen liegt. Es steht zu vermuten, dass bei einem weiteren Schließen der Lücke und bei einer Differenz, die deutlich unter der aktuellen liegen wird, der Punkt erreicht ist, an dem Immobilien relativ zu Anleihen nicht mehr risikoadäquat erscheinen. Es ist wahrscheinlich, dass ‚traditionelle Anleiheinvestoren‘ wie Versicherungen sich dann wieder ein Stück stärker dem Anleihemarkt zu- und dem Immobilienmarkt abwenden werden.“

 
Transaktionsrekord aus 2015 geknackt
 
Das Transaktionsvolumen auf dem deutschen Gewerbeimmobilienmarkt hat mit einem Volumen von rund 56,8 Mrd. Euro den nur zwei Jahre alten Rekord aus dem Jahr 2015 nicht nur erreicht, sondern um 1,7 Mrd. Euro sogar übertroffen. Gegenüber 2016 entspricht dies einem Plus von 7 %. „Ein bemerkenswertes Ergebnis angesichts der allseits kolportierten Angebotsknappheit und der gestiegenen Preise. Letztere haben allerdings zwei Seiten. Zum einen ist zu vermuten, dass einige Investoren angesichts der für sie zu hohen Preise auf eine Investition verzichtet haben, zum anderen aber haben die gestiegenen Preise im Gegenteil kräftig dabei geholfen, dass das Transaktionsvolumen einen neuen Rekordwert erreicht hat“, betont Helge Scheunemann, Head of Research JLL Germany. Scheunemann weiter: „Würden die Transaktionen aus 2017 mit den Preisen des Jahres 2015 bewertet werden, stünde ‚real‘ sicher kein neuer Rekordwert in der Statistik, denn die Kaufpreise sind stärker gestiegen als die 7 % beim Transaktionsvolumen.“
 
Produktarmut war ein Merkmal des abgelaufenen Jahres. Vor allem im Bürosegment lässt sich das beobachten. Damit einher geht einerseits ein Ausweichen der Investoren auf Märkte abseits der Big 7 - deren Anteil erreichte zum Ende des Jahres rund 21 % - und andererseits fokussieren sich mehr Investoren auf ihrer Suche nach Rendite und attraktiven Anlagemöglichkeiten auf Projektentwicklungen, diese dann allerdings überwiegend in den Big 7. Diese sogenannten Forward Fundings bei Einzeltransaktionen haben sich in Bezug auf ihr Volumen innerhalb von zwei Jahren auf rund 12 % des gesamten Transaktionsvolumens verdoppelt. Das Gros dieser Projektentwicklungen war bereits vorvermietet, dennoch zeigt dieser Trend, dass eine gewisse Risikoausweitung durchaus stattgefunden hat - angesichts der guten Büro-Vermietungsmärkte aus Investorensicht aber kalkulierbar.
 
Neben den Forward Deals konnten 2017 auch wieder einige Milliarden-Transaktionen bilanziert werden. Der Verkauf der Logicor-Plattform im zweiten Quartal etwa für mehr als 1,9 Mrd. Euro oder das Sony-Center im dritten Quartal für 1,1 Mrd. Euro. Im letzten Quartal des Jahres schoben sich größenmäßig zwei Portfolios dazwischen. So erwarb Signa das RFR Portfolio für rund 1,5 Mrd. Euro und für etwa 1,2 Mrd. Euro wechselten Immobilien zwischen dem US-amerikanischen Private Equity Fond Apollo und der israelischen Intown den Besitzer. Weitere fünf Transaktionen jenseits der 500 Mio. Euro-Grenze sorgten unter anderem dafür, dass das vierte Quartal zu 32 % (18 Mrd. Euro) zum Transaktionsvolumen des Jahres überproportional beitrug.
 
Bei der „Beliebtheitsskala“ in Bezug auf die Assetklassen hat sich im abgelaufenen Jahr nur wenig geändert. Büroimmobilien bleiben nach wie vor auf Platz 1, mit einem Anteil von konstant 44 % gegenüber dem Vorjahr. Knapp 25 Mrd. Euro entfielen auf diese Assetklasse, das nach 2007 zweithöchste jemals gemessene Transaktionsvolumen. Einzelhandelsimmobilien bleiben auf Platz 2, ihr Anteil hat sich aber auf etwas über 20 % reduziert und spiegelt die zunehmende kritische Haltung der Investoren gegenüber dieser Assetklasse in Kombination mit sehr langen Verkaufsprozessen wider. Demgegenüber hat die starke Nachfrage nach Logistikimmobilien auch 2017 angehalten. Insbesondere der weiter wachsende E-Commerce-Handel sorgt für eine expansive Nutzernachfrage und lässt diese Assetklasse vermehrt in den Fokus der Investoren rücken. 2017 wurden rund 8,7 Mrd. Euro in Logistikimmobilien investiert (rund 15 % des Transaktionsvolumens). Darüber hinaus entstehen insbesondere in den zentralen Lagen der Städte mehr und mehr sogenannte urbane Quartiere und Gebäude mit einem Nutzungsmix. Dies spiegelt sich auch in den Transaktionszahlen wider, knapp 5,4 Mrd. Euro (9 %) wurden in solche gemischt genutzte Immobilien investiert. 

 
Leicht steigende Nachfrage für die Big 7 – Ausländer setzen nach wie vor auf Deutschland
 
Aggregiert entfielen bis Ende 2017 rund 31 Mrd. Euro auf die sieben großen Investment-Hochburgen Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Köln, München und Stuttgart. Dies entspricht einem leichten Plus von 5 % gegenüber dem Vorjahr. Spitzenreiter ist nun wieder Berlin mit einem Transaktionsvolumen von über 7,7 Mrd. Euro und einem Anstieg gegenüber dem Vorjahr von 56 %, gefolgt von Frankfurt mit 7,1 Mrd. Euro. In der Mainmetropole wurden allein im Schlussquartal über die Hälfte des Jahresvolumens registriert. Deutlich im Plus gegenüber 2016 waren auch die beiden Rheinstädte Düsseldorf (32 %) und Köln (41 %), während Hamburg, München und Stuttgart kräftigere Rückgänge zu verzeichnen hatten.
 
Fast die Hälfte des gewerblichen Transaktionsvolumens wurde von ausländischen Investoren getätigt (über dem Durchschnittswert der vergangenen 5 Jahre mit 45 %). Allein bei den zehn größten Transaktionen des Jahres traten ausländische Investoren bei sieben als Käufer auf. „Neben den klassischen Kapitelherkunftsländern USA und Großbritannien haben asiatische Investoren ihre Aktivitäten im Vergleich zu den letzten Jahren deutlich ausgebaut und erreichen einen Anteil von rund 10 %. Da sie gleichzeitig deutlich weniger Immobilien verkauft haben, bauen sie ihre jeweiligen Bestandsportfolios weiter aus“, so Tschammler.

 
Renditekompression setzt sich weiter fort – Bürorendite in Berlin sinkt unter 3%
 
Auch bei den Renditen hat sich im letzten Quartal des Jahres noch einmal etwas getan. Im Schnitt über alle sieben Hochburgen hinweg liegt die Spitzenrendite für Büroimmobilien bei 3,27 % und damit nochmals 12 Basispunkte unter dem Wert des Vorquartals und 29 Basispunkte unter dem Jahresendwert 2016. Berlin hat die Schallmauer nach unten durchbrochen und das Jahr 2017 mit 2,90% abgeschlossen. Innerstädtische Geschäftshäuser in den Top-Einkaufslagen der großen Städte bleiben trotz der anhaltenden Diskussionen über Online-Shopping ein beliebtes, aber gleichzeitig sehr rares Anlageprodukt. Vor diesem Hintergrund sanken die Renditen über die Big 7 hinweg auf 2,93 %. Auch die Netto-Anfangsrenditen für einzelne Fachmärkte und auch für Shopping Center gaben zum Ende des Jahres noch einmal leicht nach und lagen bei 5,30 % bzw. 3,90 %. Gut positionierte Fachmarktzentren mit einem signifikanten Anteil an Lebensmittelmietern stehen nach wie vor weit oben auf der Einkaufsliste von Investoren. Deshalb sank die Spitzenrendite auch hier noch einmal um 10 Basispunkte auf 4,60 %. Der stärkste Rückgang der Renditen lässt sich allerdings für Logistikimmobilien beobachten. Hier sanken die Spitzenrenditen binnen der letzten 12 Monate um 60 Basispunkte auf aktuell nur noch 4,50%.
 
„In Kombination mit dem Mietwachstum konnte auch für das Gesamtjahr 2017 im dritten Jahr in Folge ein Spitzenkapitalwertwachstum im zweistelligen Prozentbereich erzielt werden: bei Büroimmobilien rund 14 %, bei Logistikimmobilien 12 % und bei innerstädtischen Geschäftshäusern 20 %“, notiert Scheunemann.
 
„Die Aussichten für 2018“ Aus heutiger Sicht durchgängig positiv. Es gibt keinerlei Anlass zu der Annahme, dass der immobilienkonjunkturelle Höhenflug in einen Sinkflug übergehen könnte. Die prognostizierten und erst jüngst angehobenen gesamtwirtschaftlichen Rahmendaten geben die richtigen Vorzeichen für weiteres Wachstum und die Branche ist allgemein gut gerüstet. Die Wirtschaft wächst auch 2018 weiter, demnach bleiben auch die Vermietungsmärkte stark und stützen Investitionsentscheidungen. Insofern sehen wir aktuell zumindest für das nächste Jahr nichts, was uns dazu veranlassen sollte, ein negatives Szenario an die Wand zu malen, so dass wir für 2018 wir mit einem Transaktionsvolumen in ähnlicher Größenordnung wie 2017 rechnen“, so Timo Tschammler.