Victor Prime Office: Die Korrekturphase dauert an
Renditen für beste Bürolagen steigen erneut
FRANKFURT, 2. November 2023 – Zum sechsten Mal in Folge sinkt der quartalsweise von JLL erhobene Victor Prime Office Indikator. Im dritten Quartal 2023 beträgt der Rückgang 7,8 Prozent und fällt damit stärker aus als im Vorquartal (minus 4,8 Prozent). Der Indikatorstand für die beobachteten Toplagen der fünf deutschen Immobilienhochburgen Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg und München liegt Ende September 2023 bei 171,3 Punkten.
Erneut ist der Performancerückgang den in allen betrachteten Standorten gestiegenen Spitzenrenditen geschuldet. In Hamburg erhöhte sich die Spitzenrendite um 30 Basispunkte, in den übrigen Städten sogar um jeweils 35 Basispunkte. „Hinzu gesellt sich eine Abkühlung der bisher robusten Mietmärkte, sodass der Performancerückgang etwas stärker ausfällt als im Vorquartal und ein ähnliches Ausmaß wie im letzten Quartal 2022 aufweist. Damals wurden die stärkeren Renditeanstiege von 50 Basispunkten noch deutlicher durch Gegenimpulse aus der Mietpreisentwicklung abgeschwächt“, erläutert Ralf Kemper, Head of Value and Risk Advisory JLL Germany.
Kemper weiter: „Im Victor betrachten wir die absoluten Toplagen in den Big 5 und stellen hier bezüglich der Mietentwicklung eine immer größer werdende Spreizung fest: Während die knapp vorhandenen Topflächen nach wie vor Mietpreisanstiege erfahren, ist abseits der Spitzenqualität ein Abflauen spürbar. Nach wie vor gibt es hochpreisige Mietabschlüsse, wobei sich diese vor allem auf das kleinteilige Segment erstrecken. Großflächige Vermietungen sind selten, großvolumige Büroimmobilienverkäufe im dritten Quartal Mangelware.“
Die Rahmenbedingungen seien im Vergleich zum Vorquartal schwieriger geworden. „Zusätzliche geopolitische Risiken und eine Inflation, die sich weiterhin oberhalb des gewünschten Niveaus befindet, machen eine Leitzinssenkung kurzfristig unwahrscheinlich. Zudem haben sich die Wirtschaftsaussichten für Deutschland eingetrübt.“ Das Bruttoinlandsprodukt ist laut Statistischem Bundesamt im dritten Quartal 2023 um 0,1 Prozent geschrumpft und die Bundesregierung prognostiziert nun für 2023 ein Wirtschaftswachstum von minus 0,4 Prozent gegenüber dem noch im Frühling erwarteten Plus von 0,4 Prozent. Kemper ergänzt: „Die zunehmende Abkühlung der Vermietungsmärkte wirkt sich auf die Erwartung von Investoren an die Mietentwicklung aus. Unsicherheit über den weiteren Verlauf der Finanzierungskonditionen sowie die strukturellen Fragen im Bürosegment bezüglich Entwicklung des Büroflächenbedarfs sowie veränderter Flächenansprüche lassen die abwartende Haltung der Marktteilnehmer andauern, es herrscht weiterhin eine Diskrepanz im Hinblick auf die Preisvorstellungen von Käufern und Verkäufern. Die käuferseitige Liquidität für Top-Büroimmobilien bei institutionellen Akteuren scheint sich auszudünnen, Schwierigkeiten beim Fundraising für Büroimmobilien ist offenkundig insbesondere im angelsächsischen Raum eher die Regel als die Ausnahme. Wenn Transaktionen stattfinden, treten derzeit eigenkapitalstarke Investoren wie Family-Offices als Käufer in Erscheinung.“
Gebremstes Mietwachstum beschleunigt den Performancerückgang
Die beiden ersten Plätze bezüglich der Quartalsperformance zeigen sich unverändert gegenüber dem Vorquartal: Düsseldorf erzielt im dritten Quartal 2023 mit minus 6,5 Prozent noch das positivste Ergebnis. Der neue Indikatorstand notiert bei 155,9 Punkten. Die Frankfurter Bankenlage sichert sich mit minus 7,2 Prozent den zweiten Platz auf den neuen Indikatorstand von 158,3 Punkten. Beide Städte profitieren von positiven Mieteffekten, die etwas stärker ausfallen als in den übrigen betrachteten Standorten. In der Düsseldorfer Spitzenlage steigt die Spitzenmiete um mehr als fünf Prozent gegenüber dem Vorquartal. Die Hamburger Toplage landet knapp hinter Frankfurt auf dem dritten Platz mit einem Rückgang um minus 7,5 Prozent auf 186,3 Punkte. Hier betrug der Renditeanstieg lediglich 30 Basispunkte. Dass die Hansestadt dennoch hinter Düsseldorf und Frankfurt rangiert, ist auf die ausbleibenden Mietimpulse zurückzuführen. In den Berliner Spitzenlagen resultiert die um 35 Basispunkte höhere Rendite in einer Performance von minus 8,4 Prozent auf den neuen Indikatorstand von 185,3 Punkten. Die Münchner Innenstadt bildet mit minus 9,2 Prozent und dem neuen Indikatorstand von 180,2 Punkten das Schlusslicht.
Die Jahresperformance zeigt zum fünften Mal in Folge eine negative Wertänderung. Im dritten Quartal beträgt sie, verglichen mit dem Indikatorstand von vor zwölf Monaten, minus 24 Prozent. Analog zur Quartalsperformance liegt die Düsseldorfer Innenstadt mit minus 19 Prozent an der Spitze, gefolgt von Hamburg mit minus 23,5 Prozent. Berlin und Frankfurt sind mit minus 25 Prozent gleichauf und München weist mit minus 25,9 Prozent die größten Wertverluste auf Jahressicht auf.
Nach sechs Quartalen mit negativer Performance ist der Victor Indikator nun auf einem ähnlichen Stand wie im zweiten Quartal 2017. Die Unterschiede zwischen den Städten bei den Wertrückgängen haben sich im vergangenen Quartal etwas angeglichen. So bewegen sich die Indikatorstände von Berlin und Frankfurt in etwa auf dem Niveau von Anfang 2017, während sich Düsseldorf und München auf dem Indikatorlevel von Ende 2017 befinden. Anders als 2016/17 folgen die Indikatorstände jedoch keinem Aufwärtstrend.
Kemper resümiert: „Immobilien in Deutschland profitierten jahrelang vom Status des ,Safe Haven‘: stabiles Wirtschaftswachstum sowie relativ günstige Immobilienpreise im internationalen Vergleich bei gleichzeitig fehlenden Anlagealternativen im Niedrigzinsumfeld. Heute gibt es wieder Zinsen bei risikoarmen Anlagealternativen, und zum anderen sind Immobilien in Ländern mit positiveren wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zurzeit interessanter für Investoren. Das alles führt vermutlich zu einer längeren Marktabschwungphase als noch vor ein paar Monaten von vielen Marktteilnehmern erhofft.“
Je länger die Zurückhaltung auf dem Investmentmarkt andauere, desto schwieriger werde die Situation für die meisten Marktteilnehmer. „Projektentwickler geraten zunehmend unter Druck und die Projektpipeline schrumpft kontinuierlich, aufseiten von institutionellen Investoren und Investmentmanagern hakt das Fundraising. Diese typischen ,Core Buyer‘ treten aktuell nicht als Käufer in Erscheinung. Es bleibt weiter abzuwarten, aus welcher Ecke die Belebung des Transaktionsgeschehens kommen wird, und zu welchem Preisgefüge wieder mehr Immobilieninvestments getätigt werden. Ankaufsrenditen wie in den vergangenen Jahren dürften wir aber für eine sehr lange Zeit nicht wiedersehen“, meint Kemper.
Über JLL
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