Pressemitteilung

Life-Science-Unternehmen setzen auf hochwertige und hochpreisige Flächen

JLL und KGAL untersuchen den Markt für Büro- und Laborgebäude – in Berlin müssen Nutzer am tiefsten in die Tasche greifen, in München wird am meisten Fläche vermietet

24. Juni 2022

FRANKFURT/GRÜNWALDT, 24. Juni 2022 – Investitionen in Life-Science-Immobilien spielten bei institutionellen Kapitalgebern bislang allenfalls eine untergeordnete Rolle – zumindest in Deutschland. Das dürfte sich in den kommenden Jahren ändern. Angetrieben durch die Erfolge von Unternehmen wie Biontech rücken Forschungs- und Laboreinrichtungen sowie angeschlossene Bürogebäude zunehmend in den Fokus nationaler und internationaler Investoren. In der Folge ist mit steigenden Mieten und Kapitalwerten zu rechnen, denn die Branche setzt auf hochwertige Flächen und ist auch bereit, die dafür nötigen Mieten zu zahlen. Zu diesem Ergebnis kommen JLL und KGAL in der gemeinsamen Studie „Life Science in Deutschland“.

Die Analyse soll für Transparenz und ein besseres Marktverständnis bei den Akteuren sorgen. „Verlässliche Daten zum Marktgeschehen sind bisher kaum verfügbar“, sagt Helge Scheunemann, Head of Research JLL Germany. Das liege in erster Linie an der Dominanz der öffentlichen Hand: „Die meisten Life-Science-Immobilien in Deutschland befinden sich im Eigentum staatlicher Organisationen. Entsprechend sind die Investmentmöglichkeiten für Private recht überschaubar“, erläutert Scheunemann. Im Schnitt entfielen in den vergangenen Jahren pro Quartal weniger als ein Prozent des Transaktionsvolumens auf Life-Science-Immobilien.

Life Science ist in Deutschland noch ein Nischensegment

Auch im europäischen Vergleich befindet sich Deutschland noch am Anfang seiner Entwicklung. Klarer Spitzenreiter am Investmentmarkt für Life-Science in Europa ist Großbritannien. Mehr als ein Viertel der europaweiten Investitionen wurden zwischen 2015 und 2020 im Vereinigten Königreich verbucht. Deutschland landet mit einem Anteil von knapp zehn Prozent hinter Frankreich und der Schweiz auf Rang vier.

Dabei gelten Investments in Life-Science-Immobilien als attraktiv. „Sie sind weniger krisenanfällig und bieten durch einen grundsätzlich langjährigen Ankermieter einen konstanten Cashflow“, sagt Axel Drwenski, Leiter Research bei KGAL. Zehnjahresmietverträge sind die Regel, in bestimmten Konstellationen werden auch noch längere Vertragslaufzeiten vereinbart. Das Renditeniveau liegt je nach Lage zwischen drei und sechs Prozent. „Bei Investments in Toplagen können so Kaufpreisfaktoren jenseits des 30fachen erreicht werden.“

Investiert wird hierzulande vor allem in sogenannte Cluster, also Agglomerationen, in denen sich Firmen aus verschiedenen Branchenzweigen in unmittelbarer Nachbarschaft angesiedelt haben, etwa aus Chemie, Biotechnologie und Pharma. Sechs solcher aufstrebenden Agglomerationen in Deutschland werden in der Analyse detailliert beleuchtet: Berlin, München, das Ruhrgebiet, verbunden mit den Metropolregionen Düsseldorf und Köln, Heidelberg mit der anliegenden Rhein-Neckar-Region sowie Hamburg und Leipzig.

Im Jahr 2021 wurden am Vermietungsmarkt in acht untersuchten Clustermärkten (Düsseldorf und Köln wurden hier separat betrachtet) insgesamt 76.400 m² umgesetzt, ein Plus von 26 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Der mit Abstand stärkste Vermietungsmarkt ist München mit einem Gesamtumsatz von 211.800 m² in den Jahren 2015 bis 2021. Beim Zweitplatzierten Hamburg betrug der Flächenumsatz im gleichen Zeitraum weniger als die Hälfte (102.200 m²). Über alle acht Standorte hinweg dominierten Abschlüsse in der Größenklasse zwischen 1.000 und 2.500 m². Sie summierten sich auf einen Flächenanteil von 25 Prozent und repräsentieren etwa 23 Prozent der Abschlüsse. 

Stärkster Nachfrager nach Life-Science-Flächen ist die Pharmaindustrie. Ihr Anteil am Vermietungsvolumen betrug in den vergangenen sechs Jahren 29 Prozent, gefolgt von den beiden Biotechnologiesegmenten Therapie und Diagnostik (20 Prozent) sowie Forschung und Entwicklung (19 Prozent).

Durchschnittsmiete steigt deutlich, Spitzenmiete unter Druck

Bei der Auswahl der Mikrolage spielen die unterschiedliche Preissensitivität und die Flächenverfügbarkeit wichtige Rollen. Der Wettbewerb um hochqualifizierte Mitarbeiter aus der Life-Science-Branche ist groß. Weiche Standortfaktoren, wie zum Beispiel die Erreichbarkeit mit dem ÖPNV oder Einkaufsmöglichkeiten im näheren Umfeld, gewinnen an Bedeutung. „Das vorherrschende Bild vom Life-Science-Unternehmen in einem gesichtslosen Industriegebiet am Rande der Stadt muss nach dieser Studie jedenfalls revidiert werden“, erklärt Drwenski. Zentrale städtische Lagen spielten bei immer mehr Unternehmen eine zentrale Rolle. „Dies zeigt sich auch beim Mietniveau“, unterstreicht er.

Die höchsten Mieten werden aktuell in Berlin bezahlt. In der Spitze sind es 32,60 Euro/m² und damit deutlich mehr als in München (25,30 Euro/m²) und Köln (22,60 Euro/m²). Bei der Ausstattungsqualität der angemieteten Flächen bevorzugen Life-Science-Unternehmen gut ausgestattete Räumlichkeiten. Rund zwei Drittel der Flächen befinden sich in Räumen mit A-Qualität, also bestem Ausbaustandard, nur etwa ein Drittel in Flächen mit B-Qualität und weniger als zwei Prozent in C-Flächen.

Die Medianmiete stieg über alle acht betrachteten Märkte hinweg von 13,75 Euro/m² im Jahr 2015 auf 16,20 Euro/m² im Jahr 2020. Die Spitzenmiete (90-Prozent-Quantil) ist im gleichen Zeitraum von 18,88 Euro/m² auf 25,24 Euro/m² gestiegen. Im vergangenen Jahr gaben die Mieten allerdings nach: im Median lediglich um 20 Cent auf 16 Euro/m², in der Spitze dagegen deutlich auf 21,90 Euro/m².

Der Rückgang nach 2019 muss keine strukturellen Ursachen haben. Möglich sind bei der geringen Marktgröße und den begrenzten Abschlüssen als Ursache ebenso eine qualitativ andere Zusammensetzung der Flächen oder der Ausstattungen in den Mietobjekten. Fehlen entsprechende Abschlüsse mit diesen Eigenschaften, kann der Spitzenmietpreis entsprechend geringer ausfallen.

Für eine positive zukünftige Entwicklung des Life-Science-Investmentmarktes in Deutschland spricht der wachsende Anteil an Venture-Capital-Investments in diesem Segment. „Vor allem institutionelle Investoren haben noch keine signifikanten Anteile an wissenschafts- und technologieorientierten Immobilien in ihren Portfolios. Das dürfte sich kurz bis mittelfristig ändern, zum einen, weil sich einige der wachstumsstärksten Unternehmen in diesem Segment befinden und zum anderen, weil die Entwicklung von einem eher eigennutzergeprägten hin zu einem mieterorientierten Markt geht“, sagt Helge Scheunemann.

Ein weiteres Argument für eine steigende Nachfrage nach Forschungslaboren: Für Anleger wird es künftig noch mehr darum gehen, „mit Augenmaß“ zu investieren. „Das Umfeld mit steigenden Finanzierungskosten und unsicherer konjunktureller Entwicklung bleibt herausfordernd, hier können Immobilien mit langlaufenden Mietverträgen – wie es bei Life-Science-Unternehmen überwiegend der Fall ist – eine gewisse Sicherheit bieten“, erläutert Scheunemann.


Über JLL

JLL (NYSE: JLL) ist ein führendes Dienstleistungs-, Beratungs- und Investment-Management-Unternehmen im Immobilienbereich. JLL gestaltet die Immobilien-Zukunft im Sinne der Nachhaltigkeit und nutzt dabei fortschrittliche Technologien, um Kunden, Mitarbeitern und Partnern werthaltige Chancen, nachhaltige Lösungen und eine zeitgemäße Arbeitsplatzgestaltung zu bieten. Das „Fortune 500“ Unternehmen mit einem Jahresumsatz von 19,4 Mrd. USD ist Ende März 2022 in über 80 Ländern mit weltweit mehr als 100.000 Beschäftigten tätig. JLL ist der Markenname und ein eingetragenes Markenzeichen von Jones Lang LaSalle Incorporated. Weitere Informationen finden Sie unter jll.com.