Pressemitteilung

Öffentliche Verwaltung stabilisiert Stuttgarter Büromarkt auf Vorjahresniveau

Living-Immobilien überholen Büroinvestments

13. April 2021

STUTTGART, 13. April 2021 – Das erste Quartal 2021 schloss auf dem Stuttgarter Bürovermietungsmarkt mit 32.800 m2 Flächenumsatz nahezu identisch mit dem Vorjahreszeitraum ab. Vor allem die öffentliche Verwaltung sorgte mit Anmietungen in Stuttgart-West und in der City für dieses stabile Ergebnis. Schwäche zeigte dagegen der Immobilien-Investmentmarkt, auf dem das Transaktionsvolumen[1] gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 48 Prozent absank.

„Das Jahr startete in den ersten Wochen mit spürbarer Euphorie auf dem Bürovermietungsmarkt, doch der fortgesetzte Lockdown hat interessierte Mieter bald wieder in Wartestellung versetzt. Unternehmen orientieren sich aktiver am Markt und bereiten sich auf Abschlüsse vor, doch derzeit will niemand einen Fehler riskieren. Anmietentscheidungen werden immer noch verschoben, wo das möglich ist“, erklärt Georg Charlier, Niederlassungsleiter JLL Stuttgart.

Daher fallen die Mietaktivitäten der öffentlichen Hand, die tagesaktuellen wirtschaftlichen Entwicklungen ein stückweit enthoben ist, im ersten Quartal besonders ins Gewicht. Die größte Flächenanmietung des noch jungen Jahres über 3.000 m2 erfolgte durch das Amt für Vermögen und Bau Baden-Württemberg im Stuttgarter Westen.

Das bescherte Stuttgart-West maßgeblich auch den zweiten Platz unter den stärksten Teilmärkten. Auf Rang eins platzierte sich die City-Lage mit einem Flächenumsatz von insgesamt 13.900 m2, rund ein Drittel mehr als im Anfangsquartal 2020. Auch dort mit kräftigem Einfluss der Öffentlichen Verwaltung: 2.800 m2 Fläche wurden an das Amt für Liegenschaften und Wohnen vermietet. Insgesamt entfielen 7.700 m2 auf vier größere Abschlüsse der Öffentlichen Verwaltung – und damit ein Flächenanteil von rund 24 Prozent gemessen über alle Branchen. Verglichen mit dem ersten Quartal 2020 mietete dieser Wirtschaftszweig damit 221 Prozent mehr Fläche an. Auf dem zweiten Rang finden sich die Unternehmensbezogenen Dienstleistungen, die allerdings gegenüber dem Vergleichszeitraum fast die Hälfte der umgesetzten Fläche einbüßten.

Aufgeschobene Mietentscheidungen verstärken Lock-In-Effekte

Obwohl sich die großen Abschlüsse über 2.500 m2 stark im Gesamtergebnis niederschlugen, haben anteilsmäßig vor allem die kleinen Vermietungen zugelegt. Flächen unter 500 m2 gewannen gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 7 Prozent, solche zwischen 500 m2 und 1.000 m2 sogar um 29 Prozent. „Diese Zahlen zeigen das weiterhin bestehende Problem des Produktmangels auf dem Stuttgarter Bürovermietungsmarkt. Hier schafft selbst die anhaltende Pandemie keine Kehrtwende, denn deren Auswirkungen sind komplex. Vor allem sorgt das Abwarten potenzieller Mieter für einen Lock-In-Effekt, denn Umzüge größerer Firmen werden nach Möglichkeit aufgeschoben. Damit verliert der ohnehin sehr enge Stuttgarter Markt noch einmal an Dynamik. Große, zusammenhängende und qualitativ hochwertige Flächen bleiben nach wie vor Mangelware, an denen Mieter in unsicheren Zeiten festhalten. Daher sehen wir auch zunehmend Strategien, um solche Flächen gerade jetzt nicht aufzugeben, etwa eine spürbare Bereitschaft zur Untervermietung“, so Charlier.

Dafür spricht auch der Büroflächenleerstand, der sich trotz der gesamtwirtschaftlichen Eintrübung sogar noch einmal verringert hat. Seit dem ersten Quartal 2020 ist er von rund 206.000 m2 auf jetzt 178.000 m2 gesunken. Die Leerstandsquote verringerte sich entsprechend von 2,3 auf 2,0 Prozent. Die Entwicklungspipeline hat hier also kaum Entlastung gebracht. Zwar wurden im ersten Quartal sagenhafte 2.900 Prozent mehr Bürofläche fertiggestellt als im Vergleichszeitraum des Vorjahres, doch das lag erstens am nur minimalen Fertigstellungsvolumen im ersten Quartal 2020, zweitens entfielen von den rund 165.000 m² in den ersten drei Monaten des laufenden Jahres 85 Prozent auf Eigennutzer - maßgeblich spielt hier Daimler eine Rolle, die in Vaihingen-Möhringen und Leinfeld-Echterdingen Neubauten mit insgesamt 140.000 m2 Fläche fertigstellten. Noch freie Flächen beliefen sich auf nicht einmal 10.000 m². Insgesamt befinden sich im Marktgebiet Stuttgart derzeit 226.000 m2 Bürofläche im Bau, allen voran im Teilmarkt Feuerbach. Bereits heute sind davon nur 29 Prozent verfügbar, bis zu ihrer Fertigstellung wird sich der Anteil noch verringern. 

„Weit stärker als die Fertigstellungen werden allerdings unternehmensinterne Veränderungen 2021 die Leerstandsquote beeinflussen. Viele Mieter versuchen sich an neuen Arbeitskonzepten - sie sind ja durch Corona dazu gezwungen. Das hat bei nicht wenigen zu einem veränderten Arbeitsplatzverständnis geführt. Gesucht werden effiziente Flächen, die zu den neuen Anforderungen passen. Alte, ineffiziente Umgebungen werden dagegen eher aufgegeben. Vor allem in den klassischen Bürovorstädten, deren Infrastruktur Beschäftigten wenig zu bieten hat – in einer Arbeitswelt, in der das Headquarter mit dem Homeoffice konkurrieren muss“, erwartet Charlier.

Bei den Büromieten gibt es vorerst eine Verschnaufpause für die Landeshauptstadt. Die Spitzenmiete stieg seit Pandemiebeginn nicht mehr an und verharrt derzeit auf 25,50 Euro/m2, ein Wert, der sich auch bis zum Jahresende nicht wesentlich verändern dürfte.

„Insgesamt sehen wir hinter den Kulissen viel Unruhe auf dem Stuttgarter Büromarkt. Der zweite Lockdown hat die Abwartehaltung zementiert. Doch der Druck steigt, viele aufgeschobene Mietentscheidungen müssen irgendwann realisiert werden. Alle blicken auf den weiteren Verlauf der Pandemiebekämpfung. Sobald sich die gesamtwirtschaftliche Situation wieder aufhellt, könnte ein verschärfter Run auf die nach wie vor knappen Top-Büroflächen der Stadt einsetzen. Wir erwarten einen Flächenumsatz von 180.000 m2 für das Gesamtjahr“, so Charlier.

Assetklasse Living dominierte bei den Investments

Zögern bestimmte ebenfalls den Investmentmarkt. Und das nicht nur auf Investorenseite. Auch potenzielle Verkäufer warten derzeit tendenziell ab. So erreichte das Transaktionsvolumen mit insgesamt gut 190 Mio. Euro nur rund die Hälfte des Vergleichsquartals 2020 – auch geschuldet dem Ausbleiben eines Deals im dreistelligen Millionenbereich, wie er zu Beginn des Vorjahres abgeschlossen wurde.

Ungewöhnlich für Stuttgarter Verhältnisse war im ersten Quartal die Verteilung nach Assetklassen. Living dominierte hier sehr deutlich die Gesamtschau und legte auch gegenüber dem Jahresdurchschnitt 2020 um 40 Prozentpunkte Anteil am gesamten Transaktionsvolumen zu. Mehr als 90 Mio. Euro Investments flossen in Living-Immobilien, also fast die Hälfte der Gesamtsumme. Maßgeblich dafür verantwortlich war der Verkauf des City Carrés in Böblingen.

Der Bürotransaktionsmarkt erreichte dagegen einen Anteil von 28 Prozent oder 55 Mio. Euro. „Es zeigt sich gesteigerte Aktivität und auch eine Zunahme des Pitchgeschehens bei der Assetklasse Büro. Viele Akteure machen sich bereit für die Zeit, in denen die Lockdown-Einschränkungen nach und nach abklingen werden. Man will Geschäfte machen, doch jedes Aufflackern des Infektionsgeschehens sorgt für einen neuen Schub der Verunsicherung. Für die mittlere Zukunft spürt man allerdings in der Investmentszene schon einen optimistischeren Stimmungstrend“, so Charlier.

Die Risikofreude ist allerdings bei vielen Investoren gesunken. Ein Streben nach Sicherheit dürfte in den kommenden Monaten den Transaktionsmarkt bestimmen. Schon jetzt entfallen auf Core-Produkte rund zwei Drittel des Transaktionsvolumens. Dieser Zulauf bei den Core-Objekten wird seine Wirkung auf die Bürospitzenrendite nicht verfehlen. Lag sie im vergangenen Halbjahr stabil bei 2,85 Prozent, könnte sie bis Jahresende um zehn Basispunkte fallen.

„Insgesamt befindet sich der Stuttgarter Immobilienmarkt in einem Schwebezustand von angespanntem Zögern und aufkeimender Hoffnung. Es besteht grundsätzlich Bedarf bei Mietflächen und eine Nachfrage nach Investmentobjekten, gleichzeitig ein ungebrochener Stau an unbefriedigtem Anlagekapital. Alles steht und fällt mit der weiteren Pandemieentwicklung. Wenn es gelingt, hier verloren gegangene Zuversicht wiederherzustellen – und anhaltende Besserung zu erzielen - wird die aufgestaute Nachfrage zu einer rasanten Erholung führen“, so die Einschätzung Charliers.

 

[1] Das Transaktionsvolumen umfasst Büro-, Einzelhandels-, Logistik - und Industrieimmobilien, Hotels, Grundstücke, Spezialimmobilien, gemischt genutzte Immobilien sowie die Asset-Klasse Living


Über JLL

JLL (NYSE: JLL) ist ein führendes Dienstleistungs-, Beratungs- und Investment-Management-Unternehmen im Immobilienbereich. JLL gestaltet die Immobilien-Zukunft im Sinne der Nachhaltigkeit und nutzt dabei fortschrittliche Technologien, um Kunden, Mitarbeitern und Partnern werthaltige Chancen, nachhaltige Lösungen und eine zeitgemäße Arbeitsplatzgestaltung zu bieten. Das „Fortune 500“ Unternehmen mit einem Jahresumsatz 2020 von 16,6 Mrd. USD ist Ende Dezember 2020 in über 80 Ländern mit weltweit mehr als 91.000 Beschäftigten tätig. JLL ist der Markenname und ein eingetragenes Markenzeichen von Jones Lang LaSalle Incorporated. Weitere Informationen finden Sie unter http://jll.de