Textilhandel steht in Hamburg vor zahlreichen Standortentscheidungen

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24. Januar 2019

Die Meldung samt Grafiken finden Sie hier.


HAMBURG, 26. Juni 2018 – Die Zeiten, in denen Händler bei Geschäftshauseigentümern Schlange standen, gehören zunehmend der Vergangenheit an. Auch wenn Hamburg nicht zuletzt durch die Elbphilharmonie als Touristen- und Einkaufsmetropole boomt, ist der Umbruch im Einzelhandel auch in der Hansestadt spürbar – und das mittlerweile auch in den Hochpreislagen wie dem Neuen Wall. Ein besonderes Sorgenkind: der Textilhandel, der einst die Neuanmietungen im Einzelhandel in zentralen Lagen mit 40 Prozent Marktanteil und großem Vorsprung dominierte, aber in immer mehr Städten zu kämpfen hat.

Transparenter und besser verständlich wird dieser Entwicklung durch die neue Verfügbarkeitsquote , mit der JLL den offenen und latenten Leerstand im Einzelhandel analysiert. Hier liegt Hamburg bundesweit im Mittelfeld: Rund 7,7 Prozent der 246.000 m² bzw. 8,1 Prozent der 209 Toplagen-Geschäfte sind noch nicht über die kommenden 18 Monate hinaus fest verplant. Hamburg ist damit jeweils leicht unter dem Durchschnitt der Big 9. Der liegt im Flächenvergleich bei 8,0 % sowie bei der Anzahl der Geschäfte bei 10,6 Prozent. 

Dirk Wichner, Head of Retail Leasing JLL Germany: „Die Folgen des Onlinehandels und damit des veränderten Konsumentenverhaltens sind einschneidend. Die Zeiten, in denen es im Einzelhandel praktisch keinen Leerstand gab, gehören zunehmend der Vergangenheit an.“ Das spürten zunächst die B- und C-Städte, dann die Randlagen der Metropolen und nun auch die Toplagen. Auch die Branche ist ein wichtiger Faktor: So stehen Textilhandelsketten seit einigen Jahren unter einem besonders hohen Wandlungsdruck.

In Hamburg zeigt sich das zum Beispiel auf dem Neuen Wall: „In der aktuellen Marktlage tendiert der Neue Wall zu einem Überangebot an Flächen bei gleichzeitig zurückgehenden Passantenfrequenzen“, analysiert Mario Litta, Team Leader Retail Leasing JLL Hamburg. Bis zu 250 Euro je Quadratmeter müssen Händler im Monat zahlen. Das wird in Hamburg nur noch von der Spitalerstraße mit rund 280 Euro übertroffen. Seit 2008 sind die Spitzenmieten schneller als die Handelsumsätze gestiegen. Das hat einige Händler unter Druck gesetzt. In Hamburg zogen die Mieten im Schnitt jährlich um 6 Prozent an, während die Handelsumsätze im gleichen Zeitraum nur 4,1 Prozent zulegten. Und das, obwohl das Mietpreiswachstum in den vergangenen drei Jahren weitgehend stagnierte.

„Manche Unternehmen stellen deshalb auch langjährige Standorte in Toplagen infrage. Das kann mitunter zu einem Trend führen, der die Lage vor Herausforderungen stellt“, analysiert Litta. „Prinzipiell ist Wechsel und Veränderung nichts Schlechtes. Wenn neue, innovative Konzepte einziehen, die den Branchenmix erweitern, dann wertet das eine Lage auf. Fehlt diese positive Zukunftsbotschaft allerdings, steigt eher die Unsicherheit auch bei den anderen Händlern in diesem Umfeld.“

Zwei Drittel der verfügbaren Geschäfte werden oder wurden von Textilhändlern genutzt

Vor besonderen Herausforderungen stehen in Hamburg ganz offensichtlich die Textilhändler. Von den 16 Geschäften, die in den Toplagen derzeit verfügbar sind, werden oder wurden zuletzt allein elf von Textil- oder Accessoire-Konzepten genutzt. Das ist ein Anteil von mehr als zwei Drittel. Noch deutlicher fällt die Konzentration beim Flächenvergleich aus: Rund 14.700 m² von 18.800 m² insgesamt verfügbarer Fläche entfallen auf diese Branche.

Bei der Verteilung nach Größenklassen ist das Feld hingegen ausgeglichener: Vier der 16 verfügbaren Ladenlokale hat eine Fläche von mehr als 2.000 m³, immerhin drei weitere 1.000 m³ bis 2.000 m². Zusammen kommen sie mit rund 13.600 m² auf den Löwenanteil der insgesamt 18.800 m² verfügbarer Fläche in Hamburgs Spitzenlage.

Weitere sechs Geschäfte haben 500 m² bis 1.000 m² und nur drei sind kleiner als 500 m². „Für den Hamburger Markt stellt das eine Herausforderung dar, da sich die Nachfrage aktuell auf die kleineren Größen von rund 100 m² konzentriert – von den 16 derzeit verfügbaren Flächen entfällt allerdings nur eine auf diese Kategorie“, vergleicht Litta Angebot und Nachfrage. Hinzu kommen vereinzelt Nahversorger, die zwischen 500 m² und 1.000 m² suchen. 

Diese Entwicklung spiegelt sich auch in den Flächenumsätzen bei den Einzelhandelsvermietungen der vergangenen Jahre in Hamburg wider. Im abgelaufenen Jahr erzielte der Markt mit 18.800 m² nur etwas mehr als die Hälfte des Umsatzes aus dem Jahr 2014. Auch im Jahr davor blieb der Vermietungsumsatz deutlich unter den aktuellen Fünf-Jahres-Schnitt von 22.600 m².

Diese veränderte Situation beeinflusst aber nicht nur die Nutzerseite: „Eigentümer sind von der veränderten Nachfragesituation ebenso betroffen“, beobachtet Dirk Wichner, „sie sind stärker zu Kompromissen in Form von kürzeren Vertragslaufzeiten, Umbauzuschüssen oder mietfreien Zeiten gezwungen. Generell dauern Verhandlungen derzeit länger und gehen tiefer ins Detail. Die Folge: Die Akteure verlangen mittlerweile auch im Einzelhandel mehr Daten, Kennzahlen und Transparenz um die langfristig richtigen Entscheidungen treffen zu können.