Einzelhandelsimmobilien – renditestark, resilient und sozial
Während der Investmentmarkt für Immobilien so stark wie nie unter Druck steht, hat sich die Assetklasse Einzelhandel zum Silberstreif am Horizont entwickelt.
- Sandra Ludwig
- Sarah Hoffmann
Zwar sind die Transaktionsvolumina wie in allen anderen Assetklassen derzeit ebenfalls weit unter den Vorjahreswerten, die Rahmenbedingungen versprechen aber Stabilität und Zukunftsfähigkeit. Im Vergleich zu Büro, Wohnen und Logistik sind Einzelhandelsimmobilien mit ihren bereits angepassten Spitzenrenditen somit eine attraktive Alternative für Anleger.
„Die Assetklasse profitiert davon, dass die Diskussion über die Zukunft des stationären Einkaufens nach den herausfordernden Coronajahren die Resilienz vieler Händler und des stationären Einzelhandels per se gezeigt hat. Die Passantenfrequenzen sind nahezu auf dem Vorpandemieniveau, Händler haben ihre Konzepte angepasst und das Kauferlebnis zieht die Menschen in die Innenstädte und Shopping-Center“, beschreibt Sandra Ludwig, Head of Retail Investment JLL EMEA.
Die neue Mischung aus klassischem innerstädtischem Handel, Gastronomie- und Nahversorgungskonzepten spielt hierbei eine wichtige Rolle. Klassische Nahversorger bieten zwar Produkte an, die Menschen regelmäßig und mit einer gewissen Gewohnheit kaufen. „Trotzdem ist dieser Bereich sehr online-resilient – nur 2,9 Prozent der Kunden in Deutschland bestellen ihre Lebensmittel online. Das stationäre Umsatzwachstum gibt den Konzepten recht und Versuche, den Lebensmittelonlineversand profitabel zu gestalten, sind bisher gescheitert“, analysiert Ludwig. Denn nach dem schnellen Wachstum der Lieferdienste zeige sich nun, dass die Margen bei kostenlosen Lieferungen so gering seien, dass es kurz- bis mittelfristig zu Insolvenzen und damit zu einer Marktbereinigung kommen werde. Gleiches gelte für Onlinehändler, die mit einer hohen Zahl von Retouren zu kämpfen haben. „Allein in Deutschland gab es im Jahr 2022 circa 530 Millionen Retoursendungen mit mehr als 1,3 Milliarden Produkten“, berichtet Ludwig.
Ebenso gehen die JLL-Einzelhandelsexperten davon aus, dass die Mieten im Neubausegment für Fachmärkte weiter steigen werden, zumal das Bauen teurer wird. „Mieten in Bestandsgebäuden werden ebenfalls mittel- bis langfristig nachziehen – aufgrund häufig langfristiger Mietverträge lassen sich die Mietsteigerungen nicht sofort umsetzen, aber die Entwicklung der Bestandsmieten zeigt nach oben“, prognostiziert Sandra Ludwig. Entsprechend seien Einzelhandelsimmobilien sinnvoller Bestandteil jedes Immobilienportfolios.
Zudem ist auch die Diskussion um ESG im Einzelhandel nichts Neues, schließlich sind Handelsplätze seit Jahrtausenden der Inbegriff des S – des Sozialen, der Ort, wo Menschen zusammenkommen, sich wohlfühlen, konsumieren, feiern und genießen. „Insbesondere in der Pandemie ist vielen bewusst geworden, welche zentrale Rolle Handel und Innenstädte für unsere Gesellschaft spielen. Als Konsument, aber auch als Arbeitnehmer“, betont Ludwig.
Der Investmentmarkt für Einzelhandelsimmobilien ist in den vergangenen Jahren durch eine herausfordernde Zeit gegangen, doch genau das verschafft der Assetklasse jetzt Vorsprung und Resilienz. Und das ist wieder offen sichtbar, wie das Transaktionsvolumen von 12 Milliarden Euro in Handelsimmobilien in Europa zeigt.