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Immobilien in China: Wer im Reich der Mitte Real Estate erwirbt, betritt eine fremde Welt

Für die deutsche Außenwirtschaft bleibt China das Land der Verheißung, auch wenn in der jüngeren Vergangenheit einige Wolken aufgezogen sind.

14. März 2019

Für die deutsche Außenwirtschaft bleibt China das Land der Verheißung, auch wenn in der jüngeren Vergangenheit einige Wolken aufgezogen sind. Von chemischer Industrie über Elektrotechnik, Maschinenbau bis hin zu Automotive, fast jede Branche, die hierzulande eine Rolle spielt, drängt es ins Reich der Mitte. Und das beileibe nicht „nur“ als Exporteur.

Deutschland gehört zu den Staaten mit den höchsten direkten Investmentvolumen in China: 2016 waren dort rund 28 Milliarden US Dollar in über 9.000 Projekten gebunden. Zahlreiche Firmen eröffnen – im Regelfall im Rahmen eines vorgeschriebenen Joint Ventures mit chinesischen Unternehmen – Niederlassungen vor Ort, sei es als Brückenkopf oder als marktnahe Produktionsstätte. Dabei begeben sie sich allerdings auch in eine fremde Welt mit eigenen Regeln – das gilt auch für den Immobilienbereich.

Landbesitz nur als Nutzungsrecht

Der vielleicht grundsätzlichste Unterschied: Erwerb von Land ist für Unternehmen in China nicht möglich, Eigentümer bleibt immer der Staat. Stattdessen erwirbt man zu festgelegten Preisen Nutzungsrecht, das im kommerziellen Sektor auf üblicherweise 50 Jahre beschränkt ist. Danach behält sich der Staat die Rücknahme vor. Daneben gibt es einen quasi-privaten Zweitmarkt, in dem Nutzungsrechte gehandelt werden.

Diese Form der Landvergabe ist natürlich geeignet, gewisse Verlustängste zu befördern. Zu Recht? Nein, bekräftigt Ying Chen, die JLL-Kunden auf ihrem Weg in den chinesischen Real Estate-Markt begleitet. Die übliche Nutzungsdauer von Gewerbegebäuden liege bei 25 bis 33 Jahren ist, die Immobilien seien innerhalb der maximalen Überlassungsphase von 50 Jahren bereits komplett abgeschrieben. Natürlich macht es dann aber auch wenig Sinn, für eine solche Investition sehr kurze Nutzungsrechte auf dem Zweitmarkt zu erwerben.

Kulturelle Unterschiede können selbst Immobilienprofis überfordern

Generell ist die Regierung weit stärker in Immobilienprojekte involviert, als es westliche Unternehmen von den hiesigen Märkten gewohnt sind. Noch ausgeprägter sind aber die kulturellen Unterschiede. „Einerseits ist die Unternehmenskultur in China noch sehr hierarchisch geprägt, andererseits werden aber oft schnelle Entscheidungen von Geschäftspartnern gefordert“, weiß Ying Chen. Gerade für die als prozessverliebt geltenden Deutschen ist das eine unerwartete Kombination, die auch so manche gestandene Geschäftsleute schon überfordert hat. Gesetzliche Vorgaben lassen sich schnell herausfinden, aber kulturelles Gespür kann man sich nicht über Nacht aneignen. Wer also Immobiliengeschäfte in China tätigen will, setzt am besten auf landeskundige Unterstützung: Von der Standortsuche über die Vertragsverhandlung bis hin zum Projektmanagement.

Corporates wetteifern in Boom-Märkten um Fläche

Abschrecken lassen sich ausländische Käufer von diesen Hürden freilich nicht. So boomt zum Beispiel der Office-Markt in den chinesischen Top-Städten. Internationale Firmen konkurrieren mit einheimischen Unternehmen um knappe Büroflächen. Die Wachstumsdynamik der chinesischen Metropolen führt jetzt sogar etwa dazu, dass der Hightech-Standort Shenzhen im großen Stil Land aufschütten will, um dem Meer die heiß begehrte Fläche abzutrotzen.