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SBTi-Leitfaden für den Gebäudesektor

Was durch die Initiative zur Dekarbonisierung des Gebäudesektors auf Investoren, Entwickler und Bestandshalter zukommt 

11. September 2024
Mitwirkende:
  • Kristin Broetzmann
  • Alexander Rausch

Investoren, Entwickler und Bestandshalter sollten sich frühzeitig mit dieser Initiative zur Dekarbonisierung des Gebäudesektors auseinandersetzen, um auf bestehende und künftige Regelungen angemessen reagieren zu können, sich langfristig wirtschaftliche Vorteile zu verschaffen und somit eindeutig vom Wettbewerb abzugrenzen.

Nachdem die „Science Based Targets initiative“ (SBTi) mit dem Projekt im Oktober 2021 begann und die Forschungs- und Entwicklungsphasen als auch öffentliche Konsultationen abgeschlossen waren, konnte zwischen November 2023 und März 2024 die Pilottestphase eingeleitet werden.

Die Initiative fördert und überprüft wissenschaftlich fundierte Klimaschutzziele in Unternehmen, mit dem Ziel, die globale Erwärmung auf 1,5 bis 2 Grad Celsius zu begrenzen. Der SBTi-Leitfaden für den Gebäudesektor enthält dabei spezifische Anforderungen und Empfehlungen für Unternehmen in der Immobilienbranche. Am 26. Juli 2024 erteilte daraufhin der unabhängige technische Rat der SBTi eine Einverständniserklärung zur Veröffentlichung der endgültigen Ergebnisse, so dass der Gebäudeleitfaden im August 2024 veröffentlicht werden konnte. Kolleginnen und Kollegen von JLL waren Teil der Expertengruppe für die Entwicklung dieser Richtlinie.

Die vier wichtigsten Aussagen des Frameworks:

  1.  CO2-Ziele für den operativen Gesamtverbrauch von Immobilien sowie Ziele für graue Emissionen von Neubauten sind verpflichtend, während die Berücksichtigung von Zielen für graue Emissionen aus Sanierungen empfohlen wird. Damit ist die Beteiligung von Mietern und die Analyse von grauen Emissionen aus allen Bautätigkeiten entscheidend. 
  2.  Der „Carbon Risk Real Estate Monitor“ (CRREM) stellt die bevorzugte Messgröße für operative CO2-Ziele dar.
  3.  Das Framework stellt einen Marktstandard und einen vereinheitlichten Ansatz zur Dekarbonisierung von Gebäuden und ihren Lebenszyklus dar.
  4.  Investoren können von der Anwendung der SBTi-Richtlinien profitieren, da bei der Finanzierung klimafreundliche Gebäude bevorzugt werden und zu einer verbesserten Kreditwürdigkeit führen können.

Welche Zielsetzung steht im Fokus des Leitfadens?

Der Leitfaden zielt auf die wesentlichsten Emissionsquellen ab, die im Gebäudesektor vorkommen: betriebliche und graue Emissionen. Unternehmen müssen die betrieblichen Emissionen eines gesamten Gebäudes berücksichtigen und somit die vom Vermieter als auch die vom Mieter kontrollierte Flächen gleichermaßen bilanzieren. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um den Vermieter, den Mieter, den Kreditgeber oder einen anderen relevanten Akteur innerhalb der Wertschöpfungskette des Gebäudes handelt.

Hinsichtlich grauer Emissionen hat die SBTi derzeit nur Dekarbonisierungspfade für Neubauten veröffentlicht. Die Berücksichtigung von grauen Emissionen aus Sanierungen oder Fit-Outs wird dennoch empfohlen. Die Reduktion dieser Emissionen in Übereinstimmung mit dem 1,5°C-Ziel kann durch eine sektorübergreifende Zielsetzungsmethodik erreicht werden.

Welche konkreten Maßnahmen und Strategien empfiehlt der Leitfaden, um CO2-Emissionen in Gebäuden zu reduzieren?

Hinsichtlich betrieblicher CO2-Emissionen empfiehlt die SBTi Dekarbonisierungspfade für den Gesamtverbrauch von Gebäuden, die sich an CRREM (v2 - neueste Version) orientieren und den gleichen Ansatz für Gebäudetypologien und Geografien verwenden. Der Leitfaden für den Sektor schreibt einen standortbasierten Ansatz für die Berichterstattung und Zielverfolgung vor, bei dem Unternehmen durchschnittliche Netzemissionsfaktoren verwenden müssen, um ihre Emissionen aus der Energienutzung zu berechnen.

Die Dekarbonisierungspfade für graue Emissionen, die ausschließlich auf den Neubau anwendbar sind, wurden in Zusammenarbeit mit „Ramboll“, entwickelt. Im Gegensatz zu den betrieblichen CO2-Emissionen wird ein einziger globaler Dekarbonisierungspfad für vier Assetklassen empfohlen: Wohnen, Büro, Einzelhandel und Sonstige. Zulässige Methoden für alle Emissionsquellen können den Tabellen 2a, 2b und 2c, ab Seite 16 im Leitfaden entnommen werden.

Die Zusammenarbeit der beiden wichtigsten Zielsetzungs-Initiativen, die SBTi und CRREM, wurde von der Immobilienbranche positiv aufgenommen, da CRREM inzwischen das führende Bewertungsinstrument für Net-Zero-Gebäudestrategien ist. 

Was bedeutet das im An- und Verkauf von Assets?

Unternehmen, die mehrere Assets (ver)kaufen und dadurch einen hohen Turnover in ihrem Portfolio haben, können sich, im Unterschied zu jenen mit Basisjahr-Zielbestimmungen, verbindliche Intensitätsziele auferlegen, die sich an den Pfaden zur Dekarbonisierung im Gebäudesektor ausrichten. Um den Ansprüchen dieser spezifischen Zielsetzungsmethode gerecht zu werden, müssen jedoch bestimmte Kriterien erfüllt sein (siehe Leitlinien, Abschnitt 6.5.3, Seite 73).

Wie können Unternehmen den SBTi-Leitfaden nutzen?

Unternehmen, die im Bereich der Immobilienwirtschaft agieren und sich „Science-based Targets“ (SBT) setzen, bestehende Ziele überdenken oder ihre Net-Zero-Strategien präzisieren möchten, sollten diese neuen Richtlinien befolgen. Ab dem Zeitpunkt der endgültigen Veröffentlichung der Leitlinien besteht eine Übergangsfrist von sechs Monaten, für diejenigen, die diese benötigen. Wer sich schon jetzt mit den Themen zeitnah auseinandersetzt, ist gut vorbereitet. Denn ein nach außen hin transparent agierenden Unternehmen, welches sich klar zur Emissionsreduzierung verpflichtet und über die eigenen Ziele genau berichten kann, wird sich nie dem Vorwurf des Greenwashings ausgesetzt sehen. 

Welche Einschränkungen weist das Framework auf?

Zunächst wirft die begrenzte Verfügbarkeit von länderspezifischen Dekarbonisierungspfaden für operative und graue Emissionen Fragen zur Anwendbarkeit und Erreichbarkeit der global vorgeschlagenen Pfade auf. Für Gebäude, die in keine der verfügbaren Assetklassen oder Länder fallen, sieht der Leitfaden den Einsatz einer Sammelkategorie „Sonstige“ vor. Die „Sonstige“-Pfade werden aus dem verbleibenden globalen CO2-Budget und den prognostizierten Flächenentwicklungen für die Regionen abgeleitet, die derzeit über keinen CRREM-Pfad verfügen. Der Pfad für die Kategorie „Sonstige“ der grauen Emissionen für nicht abgedeckte Assetklassen wird auf ähnliche Weise entwickelt, wobei der globale Dekarbonisierungspfad auf den projizierten Nichtwohngebäudebestand verkleinert wird, der nach Berücksichtigung von Büros und Einzelhandel verbleibt.

Darüber hinaus herrscht noch Unklarheit darüber, wie diese neuen Vorgaben die Optimierung der Ressourcennutzung und die Förderung von Energieeffizienz und umfangreichen Sanierungen besser unterstützen können, die der gegenwärtige Gebäudebestand so dringend benötigt. Die Wiedereinführung des marktbasierten Ansatzes ohne zusätzliche Kriterien könnte dazu führen, dass weiterhin auf minderwertige erneuerbare Energien gesetzt wird, um die ehrgeizigen Ziele zu erreichen.

Die sektorspezifischen Kriterien ersetzen nun den SBTi Corporate Net-Zero Standard für die Aktivitäten, die im Abschnitt „Anwendungsbereich und Anwendbarkeit“ dieses Dokuments definiert sind.

Wie sollten Unternehmen und Finanzdienstleister mit dem Leitfaden umgehen, zumal deren Anwendung nicht obligatorisch ist?

Der Emissionsfußabdruck des Gebäudesektors ist in seiner gesamten Wertschöpfungskette sehr groß. Er ist direkt und indirekt für 34 % des weltweiten Endenergieverbrauchs und 26 % der weltweiten energiebezogenen Emissionen verantwortlich. Daher werden auch Verpflichtungen zur Emissionsreduzierung für diesen Sektor stetig angepasst und umfassender geregelt.

Um auf bestehende und künftige Regelungen angemessen reagieren zu können und weiterhin den Blick auf die europäische Regulatorik nicht zu verlieren, empfiehlt sich eine frühzeitige Auseinandersetzung mit diesem Leitfaden. Unternehmen, die sich bereits der SBTi verpflichtet haben, können mit dieser neuen Berechnungsmethode ihre erstellten Ergebnisse validieren und anpassen. Jedoch sollten gerade Unternehmen, die sich bislang noch nicht damit befasst haben, ihre Chance nutzen und sich zeitnah mit den Berechnungen auseinandersetzen.

Wie können Unternehmen durch die Anwendung einen strategischen Vorteil erhalten?

Aufgrund der für eine Vielzahl von Unternehmen einsetzenden Nachhaltigkeitsberichterstattungspflicht nach der CSRD („Corporate Sustainability Reporting Direktive“) müssen diese künftig zu Ihren Dekarbonisierungsstrategien Auskunft geben. Durch die Anwendung der SBTi-Vorgaben sind Unternehmen und Finanzinstitute nun in der Lage, mit Hilfe wissenschaftlich fundierter Zielsetzungen ihre eigene Dekarbonisierungsstrategie für den Gebäudesektor zu entwickeln und damit nicht nur den Erfordernissen der Berichterstattung Rechnung zu tragen, sondern auch ihren eigenen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele zu leisten. Unternehmen sollten diese Gelegenheit nutzen, um sich langfristig wirtschaftliche Vorteile zu verschaffen und somit eindeutig vom Wettbewerb abzugrenzen.

Zusätzlich sichern sie sich damit aber auch strategische Vorteile, zumal sie schneller in der Lage sein werden, für andere Marktteilnehmer als auch für Investoren und Finanzinstitute die notwendigen Informationen bereitzustellen. Finanzierungsmöglichkeiten für z. B. Bauprojekte oder Sanierungsvorhaben lassen sich damit schneller generieren, zumal der Vertragspartei die nötigen Informationen unkompliziert zur Verfügung gestellt werden können. Auch Finanzinstitute werden damit in die Lage versetzt, über die finanzierten Emissionen Auskunft geben zu können. Sie spielen eine entscheidende Rolle bei der Bereitstellung der notwendigen Finanzierungslösungen in Form von Darlehen, Anleihen oder Eigenkapitalinvestitionen sowie der Entwicklung und den Bau neuer Vermögenswerte, laufender Verwaltung und Instandhaltung von Immobilien. 

esg by JLL

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Wie kann JLL Sie bei der Anwendung des Leitfadens unterstützen?

Gerne helfen wir Ihnen nicht nur bei der Umsetzung des oben genannten Leitfadens, sondern auch bei der Erarbeitung einer individuellen Dekarbonisierungsstrategie für Ihr Unternehmen und das von Ihnen verwaltete Portfolio. Wir überprüfen den Status Quo der unternehmerischen Bemühungen und erarbeiten gemeinsam mit Ihnen sukzessive eine eigene Dekarbonisierungsstrategie. Grundlage dessen bildet zunächst die Ermittlung Ihres eigenen CO2-Fußabdrucks in Verbindung mit einer ausgedehnten Anforderungsanalyse. Diese orientiert sich zum einen an speziellen externen Einflussfaktoren, aber zum anderen auch an regulatorischen Maßstäben.

Über den Aufbau eines qualifizierten Datenmanagementsystems erhalten Sie aussagekräftige und validierbare Daten, die die Basis ihrer Dekarbonisierungsstrategie bilden und von den weiteren objekt- und unternehmensspezifischen Maßnahmen abgeleitet werden können.

Wir überprüfen fortwährend die angewandte Methodik, um sicherzustellen, dass die nötige Flexibilität gewahrt und die Methodik mit den Best-Practices übereinstimmt. Durch die Entwicklung einer eindeutigen Netto-Null-Strategie über die definierten Zieljahre hinweg, implementieren wir schrittweise die erforderlichen Maßnahmen, die eine Erreichung der signifikanten Emissionsreduzierungen vorsehen. Darüber hinaus unterstützen wir Sie mit den notwendigen Prozessoptimierungsmaßnahmen, um Ihre Fortschrittsmessung sichtbar zu machen. 

Das Team JLL Sustainability Consulting steht Ihnen bei der Umsetzung des SBTi-Gebäudeframeworks und der Transformation Ihres Unternehmens hin zur Dekarbonisierung zur Seite. Gerne erstellen wir für Sie Ihren passgenauen Transformationsplan verbunden mit dem notwendigen Maßnahmenkatalog, um ihrem Unternehmen den Übergang zur Klimaneutralität zu erleichtern.

Alexander Rausch Director Sustainability Consulting DACH