Research

Einzelhandelsmarkt-überblick

H1 2023 

Einzelhandelsvermietungsmarkt zeigt sich beständig

01. August 2023
Vermietungsumsatz mit stabilem Ergebnis

Der Einzelhandelsvermietungsmarkt kann sich trotz der weiterhin angespannten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Deutschland im ersten Halbjahr 2023 behaupten. Mit einem Vermietungsvolumen von 213.000 m² bei 414 Mietvertragsabschlüssen bleibt er seinem konstanten Kurs der letzten sechs Quartale treu. Was die Anzahl der Deals angeht, konnte zwar nicht das Ergebnis des ersten Halbjahres 2022 (470) erreicht werden; der Vermietungsumsatz hingegen liegt mit einem leichten Minus von 2 % fast auf Vorjahresniveau. Dies lag vor allem an den an großvolumigen Anmietungen von Flächen in einer Größenordnung von 2.000 m² und mehr. Im ersten Halbjahr 2023 stieg ihr Anteil am Gesamtvermietungsumsatz auf 38%, im ersten Halbjahr 2022 erreichten sie nur rund 25 % des Umsatzes. Die Großflächen gingen vor allem auf das Konto der Textilbranche (51.000 m²), stärkster Nachfrager waren hier die Bekleidungshäuser und die Young Fashion Anbieter.

Die zuletzt positive Verbraucherstimmung hat sich im Juli 2023 wieder abgeschwächt, auch durch die weiterhin hohe Inflationsrate von 6,4 %, die sich auf die Kaufkraft der Haushalte niederschlägt. Insbesondere die überproportional gestiegenen Lebensmittelpreise (+13,7 %) und die anhaltenden Diskussionen zum Heizungsgesetz tragen zur Kaufzurückhaltung der Verbraucher bei. Erstmals musste auch der Onlinehandel im vergangenen Jahr Federn lassen und sank gem. des Handelsverbandes Deutschland (HDE) auf 84,5 Mrd. €. Nachdem die Onlineumsätze in den Coronajahren 2020 und 2021 noch einen deutlichen Zuwachs von 26 Mrd. € verzeichnen konnten, gaben diese aufgrund der schlechten Konsumentenstimmung um 2,5 % nach.

Big 10 nach wie vor gefragt

Die Big 10 setzen ihren Aufwärtstrend aus dem ersten Quartal 2023 fort. Mit 106.500 m² für das gesamte erste Halbjahr liegen sie rund 22 % über dem Vorjahresergebnis und bestreiten 50 % des deutschlandweiten Gesamtumsatzes. Trotz des guten Ergebnisses, bleiben vier Metropolen unter ihren Vorjahreswerten. Knapp vor Berlin (29.500 m²) belegt dieses Mal Hamburg (30.400 m²) den ersten Rang. Das gute Ergebnis ist u.a. auf die Neuentwicklung des Überseequartiers mit zahlreichen Anmietungen zurückzuführen. Auch Berlin profitiert von der Projektentwicklung „Am Tacheles“, wo bereits die ersten Handelsmieter ihre Flächen bezogen haben. Stuttgart (9.500 m²) komplettiert mit einigem Abstand das Führungstrio. Nach einem eher schwachen Vermietungsjahr 2022, startete die Metropole mit einigen Anmietungen rund um die Königstraße gut ins neue Jahr. Mit soliden Ergebnissen zwischen 7.000 m² und 9.000 m² bilden Frankfurt, Düsseldorf und Köln das Mittelfeld. Hier fanden die Vermietungen eher im kleineren und mittleren Flächensegment statt. In der Schlussgruppe befinden sich neben Hannover und Nürnberg auch Leipzig und München, die beide eine eher verhaltene Flächennachfrage verzeichnen und somit nicht an ihre Vorjahresergebnisse herankommen.

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Textilsektor baut Führung weiter aus

Wie schon im gesamten Jahr 2022 bleibt der Textilsektor beim Flächenumsatz nach Branchen auch im laufenden Jahr klar vorn und erreicht mit einem Anteil von 46 % eines seiner besten Ergebnisse der letzten 10 Jahren. Drei Viertel der Flächenanmietungen des Textilsektors gehen auf das Konto der Bekleidungshäuser und Young Fashion Anbieter. Allen voran das stark expansive Modehaus Aachener mit allein drei Anmietungen, hier schlagen vor allem die Übernahme von zwei Galeria-Flächen zu Buche. Bei den Young Fashion Anbietern bleibt das Label Only der Bestsellergruppe mit sieben Anmietungen führend, aber auch die Inditex Gruppe mietete für Zara, Bershka, Pull & Bear und - erstmals in Deutschland - für ihre Marke Stradivarius Flächen an.

Der Anteil der zweitplatzierten Gastronomie-/Foodbranche schrumpft weiter und kommt nur noch auf 23 %, damit erzielt sie das schwächste Ergebnis der letzten vier Jahre. Obwohl die Nachfrage nach Gastronomieflächen vorhanden ist und nach wie vor neue internationale Systemgastronomen auf den deutschen Markt vordringen, wie z. B. die Seafoodkette Big Easy oder die französische Big Mama Group, werden in dieser Sparte vor allem Flächen im kleineren und mittleren Segment angemietet. Rund die Hälfte des Umsatzes entfiel auf den Lebensmittelbereich, vor allem aktiv war die Asiakette Go Asia mit fünf Anmietungen.

Drittstärkste Branche bleibt Gesundheit/Beauty mit 8 % und verliert allerdings einen Prozentpunkt ggü. dem ersten Halbjahr 2022. Die klassischen Drogeriemärkte hielten sich mit Anmietungen zurück. Weiterhin expansiv war das Fitnesssegment u.a. mit dem Anbieter Easyfitness. Die weiteren untersuchten Branchen erreichten konstante Anteile zwischen 1-4 % mit nur geringfügigen Abweichungen zum Vorjahreshalbjahr.

Flächenverfügbarkeit steigt erneut an

Zum ersten Halbjahr 2023 steigt die JLL-Verfügbarkeitsquote, wenig überraschend, noch einmal an. Ausgelöst durch die erneute Schließungswelle der Galeria-Standorte erreicht die Flächenverfügbarkeit für die Big 9 mit 19,7 % einen neuen Höchststand und liegt damit um 2,7 Prozentpunkte über dem Wert des zweiten Halbjahres 2022. Bei der Verfügbarkeit nach Anzahl der Geschäfte fiel der Anstieg moderater aus, mit 15,5 % liegt sie 0,7 Prozentpunkte über dem vorangegangenen Halbjahr.

Innerhalb der untersuchten Big 9-Standorte erzielt nach wie vor München mit einer Quote von 9,5% nach Anzahl verfügbarer Geschäfte den niedrigsten Wert. Bei der Flächenverfügbarkeit schneidet Leipzig am besten ab mit 9,9 %. Die Sachsenmetropole musste bereits 2019 die Schließung des Karstadt Warenhauses verkraften, mittlerweile wurde das Gebäude erfolgreich zu einem multifunktionalen Büro- und Geschäftshaus (N30/NEO) mit rund 10.000 m² Einzelhandels- und Gastronomiefläche umgebaut. Auch dadurch gelang es, die Quote von zwischenzeitlich 20,3 % auf das aktuelle Niveau zu senken.

Für das zweite Halbjahr 2023 wird die Verfügbarkeitsquote auf einem konstanten Level gesehen, vorausgesetzt, dass keine weiteren großflächigen Warenhausschließungen anstehen. Für die zur Disposition stehenden Kaufhausflächen gibt es in der Zwischenzeit einige Konzepte zur Nachnutzung, sei es durch Flächenreduzierung und Neupositionierung oder alternative Nutzungen wie kommunale Einrichtungen oder Büro- und Lagerflächen.

Keine Stabilisierung der Spitzenmieten im Einzelhandel

Bei den Spitzenmieten im Einzelhandel kommt es über alle Einwohnerklassen hinweg zu weiteren Mietpreisminderungen. Für die Big 10 fällt der Rückgang der Spitzenmiete im Vergleich zum Vorjahreshalbjahr mit 2,1% am geringsten aus. Vier Metropolen konnten ihre Spitzenmieten konstant halten, dazu zählen Leipzig, Nürnberg, München und Stuttgart. Für die anderen sechs Städte lagen die Reduzierungen zwischen 2 % - 4 %. Standorte mit weniger als 100.000 Einwohnern und Städte mit 250. – 500.000 Einwohnern mussten die höchsten Einbußen von im Mittel ca. 6 % hinnehmen. Mit einem durchschnittlichen Minus von 4,1 % liegt die Einwohnerklasse zwischen 100.–250.000 im Deutschlanddurchschnitt der 66 untersuchten Städte. Für 21 Standorte außerhalb der Big 10 konnten für das letzte Jahr konstante Mieten verzeichnet werden, dazu zählen u.a. Freiburg, Dresden und Münster.

Auch für Geschäftshäuser in Highstreet-Lagen wird, wie bei allen anderen Assetklassen, mit einem weiteren Anstieg der Renditen gerechnet. Im Laufe des ersten Halbjahres 2023 stiegen die Renditen in den Big 10 im Durchschnitt um 30 Basispunkte. München verzeichnet mit einem Wert von 3,2 % die derzeit niedrigste Rendite, die höchste Rendite mit 4,25 % wird in Hannover und Leipzig erreicht. Ähnliche Werte wurden zuletzt im Jahr 2014 gemessen. Die schwer einzuschätzende Zinspolitik der EZB und die nachgebenden Immobilienpreise führen auch in diesem Segment zu einer verhaltenen Nachfrage der Investoren.

Kontakt

Unsere Einzelhandelsmarkt Ansprechpartner:

Retail Leasing:
Dirk Wichner, Head of Retail Leasing Germany

Retail Investment:
Sarah Hoffmann, Head of Retail Investment Germany

Retail Tenant Representation:
Josefine Ulrich, Director Retail Tenant Representation

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Helge Scheunemann, Head of Research Germany

 

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