Research
Investmentmarktüberblick
Q3 2023
Die Belebung des Investmentmarkts verschiebt sich auf 2024
Transaktionsvolumen liegt zum Ende des dritten Quartals bei lediglich 23 Milliarden Euro
An dem bislang trüben Bild, das der deutsche Immobilien- Investmentmarkt abgibt, hat sich über den Sommer hinweg nichts geändert. Nahezu alle Investorengruppen halten sich einerseits mit Ankäufen zurück, weil die Preisfindung noch nicht abgeschlossen ist. Andererseits ist auch die Verkaufsbereitschaft der Investoren nach wie vor schleppend, sodass sich für Einkäufer nur wenige Opportunitäten ergeben. Bis Ende September stehen so rund 23 Milliarden Euro Transaktionsvolumen in der Statistik. Gegenüber dem Vorjahr ergibt sich ein Minus von 57 Prozent. Auch wenn es in den vergangenen drei Monaten eine Milliardentransaktion eines Supermarkt-Portfolios gab, speist sich der Markt aktuell eher aus kleineren Transaktionen bis maximal 70 Millionen Euro.
Durch den schnellsten Zinsanstieg in der deutschen Wirtschaftsgeschichte ist eine Negativspirale in Gang gesetzt worden, der man sich auch nicht mit einem noch so erfolgreichen Immobilienmanagement entziehen kann. Das bremst den Markt und verunsichert dessen Akteure. Mittelfristig wird sich die Lage nur langsam entspannen können, denn Neuentwicklungen sind derzeit kaum möglich, weil die Grundstückspreise und Finanzierungskosten zu hoch sind und sich auf der anderen Seite kaum Käufer für einen gewinnträchtigen Exit finden lassen. Das erhöht den Druck auf den Markt und veranlasst viele abzuwarten – soweit sie es sich leisten können. Das blockiert wiederum andere Opportunitäten. Wenn diese Blockade überwunden ist, wird auch der Markt wieder Dynamik aufnehmen.
Vorerst keine Zinssenkung der Europäischen Zentralbank in Sicht
Die Europäische Zentralbank (EZB) hat den Leitzins im September nochmals um 25 Basispunkte angehoben. Infolgedessen stiegen die Swap-Rates und auch die Renditen für Staatsanleihen relativ kräftig an. Dies ist ein Zeichen dafür, dass der jüngste Zinsschritt der EZB noch nicht eingepreist war. Damit werden auf der einen Seite Finanzierungen weiter erschwert, weil nach wie vor kein positiver Leverage-Effekt darstellbar ist und auf der anderen Seite steigt die Verzinsung alternativer Anlagen weiter an, zumal mit dem Rückgang der Inflation auch langlaufende Staatspapiere mit Blick auf die reale Verzinsung wieder attraktiver werden. Es gibt eigentlich nur zwei Möglichkeiten, damit der Markt wieder anspringt: Entweder der Zins sinkt oder die Immobilienrenditen steigen. Immerhin scheint die EZB nun eine Zinspause einlegen zu wollen, an eine Zinssenkung ist allerdings erst einmal nicht zu denken. So bleibt nur die Alternative, dass die Renditen für Immobilien steigen, und zwar mindestens noch so weit, bis zumindest wieder ein kleiner positiver Fremdkapitalhebel realisiert werden kann.
Eine Studie des internationalen Währungsfonds hat jüngst errechnet, dass Märkte, die auf außergewöhnliche Inflationslagen strategisch richtig reagiert haben, trotzdem rund 3,9 Jahre brauchten, bis der Markt wieder im Gleichgewicht war. Es wird also noch einige Zeit dauern, bis sich alles wieder stabil ausbalanciert hat. Das heißt aber nicht, dass der Markt so lange warten muss, bis die Balance erreicht ist, denn vieles spricht dafür, dass der Zinsgipfel erreicht ist und keine drastischen Abschläge mehr zu erwarten sind. Mag es für Optimismus noch zu früh sein, ist Zuversicht doch angemessen. Kurzfristig dürfte sich an der aktuellen Situation kaum etwas ändern, wenngleich mit zunehmender Zeit auch der Druck auf der Verkäuferseite zunimmt, vor allem dann, wenn eine Refinanzierung ansteht. Hier baut sich eine große Refinanzierungslücke für die nächsten Jahre auf, die in der Konsequenz auch zu mehr Aktivitäten auf dem Markt führen wird, dann aber mit einem anderen Preisniveau. In einem zyklischen Markt gibt es immer Akteure, die das Konjunkturtal aussitzen wollen. Das kann in der aktuellen Lage aber nur mit sehr viel Eigenkapital und geringen Kapitalkosten gelingen. Je nach Vertragsgestaltung werden aber die Banken mit ihren Gläubigern über Möglichkeiten sprechen, bevor ein sogenannter Distressed Sale als letzte Konsequenz ansteht. Eine Lösungsoption könnte ein Einstieg von privaten Debt und Equity Fonds sein. Hier erwarten wir einen Anstieg solcher Engagements.
23 Mrd. €
Transaktionsvolumen Q1-3 2023
-57 %
im Vergleich zu Q1-3 2022
Die Prognose für das Gesamtjahr sieht JLL nun zwischen 30 Milliarden bis 35 Milliarden Euro. Auch dieses Volumen würde implizieren, dass sich der Markt in den letzten drei Monaten des Jahres belebt. Das Transaktionsvolumen läge damit auf dem Niveau der Jahre 2011/2012 und um mehr als die Hälfte unter dem zehnjährigen Schnitt.
In Bezug auf die Transaktionsstrukturen hat sich im Vergleich mit dem ersten Halbjahr kaum etwas verändert. Der sogenannte „Sweet Spot“ liegt bei Einzeltransaktionen bei maximal 70 Millionen Euro, bei denen überwiegend mit Eigenkapital investiert wird. Auf Portfolios entfallen zum Dreivierteljahr rund 8,5 Milliarden Euro, darin enthalten die aus dem dritten Quartal stammemde eine Milliarden Euro schwere Transaktion von Supermärkten und Nahversorgern von x+bricks an Slate Asset Management. In Summe wurden 2023 bislang rund ein Drittel dessen gehandelt, was an Paketverkäufen im gleichen Zeitraum des Vorjahres gezählt wurde. Noch deutlicher wird die Lähmung des Marktes beim Vergleich der größeren Transaktionen über 100 Millionen Euro. Standen im Vorjahr noch über 100 solcher großvolumigen Deals in der Statistik, sind es aktuell nicht einmal mehr 30. Vor der Krise hatte der deutsche Markt die größte Preissteigerung, was jetzt für eine größere Fallhöhe als in anderen Märkten sorgt, entsprechend groß ist das Zögern bei Verkäufen mit Abschlägen.
Anteil von Büros sinkt weiter – deutlicher Rückgang der Transaktionen in den Big 7
Der Blick auf die Assetklassen zeigt die aktuelle massive Verschiebung bei den Investitionspräferenzen der Investoren. Keine Überraschung ist es, dass der Sektor Living mit 6,6 Milliarden Euro beziehungsweise 29 Prozent an der Spitze steht. Dahinter platzieren sich Logistik mit 21 Prozent und Einzelhandel mit 20 Prozent. Büroimmobilien sind nach wie vor das Sorgenkind und nirgendwo sonst manifestiert sich die Krise so wie hier. Nur noch 18 Prozent des Volumens (4,1 Milliarden Euro) entfällt auf diese Nutzungsart. Neben der konjunkturellen Komponente mit sinkenden Vermietungszahlen, stehen grundlegende strukturelle Veränderungen in Bezug auf die Rolle des Büros in einer sich verändernden Arbeitswelt, Herausforderungen zu Energieeffizienz, Nachhaltigkeit und regulatorischen Vorgaben im Kern der Diskussionen. Viele Unternehmen haben noch keine klare Strategie, wie sie die Mitarbeiter zurück in die Büros bekommen und welche Rolle diese künftig im Arbeitskonzept spielen.
Anzahl Portfolios
mit einem Volumen ≥ 100 Mio. €
46
Q1-3 2022
15
Q1-3 2023
Vor allem ältere und nicht mehr zeitgemäß ausgestattete Büros werden mehr und mehr kritisch gesehen und erhöhen den Druck auf deren Eigentümer. Neubau war gestern, Bestand ist morgen – so lässt sich die Bedeutung der Beschäftigung mit den Bürobeständen im Portfolio zusammenfassen. Dabei werden auch Themen zur Umnutzung in andere Assetklassen – zum Beispiel in Wohnungen – zunehmend eine Rolle spielen. Auch deshalb ist das jüngste Signal der Bundesregierung, solche Umnutzungen mit insgesamt 480 Millionen Euro fördern zu wollen, positiv zu beurteilen.
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Differenziert betrachtet werden muss auch die Lage der anderen Assetklassen. Der Einzelhandel hat seine Anpassungen bereits zu Beginn der Pandemie erlebt, ist von den aktuellen Abschlägen deshalb weniger betroffen und steht relativ stabil da. Die Logistik hat von der Coronapandemie profitiert, ist aber auch konjunkturanfällig und muss deshalb eine klare Strategie vorweisen, welche Objekte wann wo benötigt werden, um sichere und benötigte Lieferketten zu bilden.
Zur grundlegenden Investorenskepsis für Büroimmobilien passt dann auch der Blick auf das Transaktionsgeschehen in den sieben Immobilienhochburgen. Dieses lag zum Ende des dritten Quartals bei 9,8 Milliarden Euro und damit um 63 Prozent unter dem Vorjahresniveau. Das Minus liegt dabei in einer Spanne von 28 Prozent in Köln bis zu knapp 80 Prozent in Frankfurt und Hamburg. Einzig Stuttgart schreibt eine „schwarze Null“. Mit 960 Millionen Euro wurde in der Schwabenmetropole ebenso viel umgesetzt wie vor Jahresfrist.
Mehr Klarheit an der Zinsfront - Renditeanstieg geht weiter
An der Zinsfront scheint nun etwas mehr Klarheit zu sein. Sobald die Nachwehen der letzten Zinserhöhung der EZB verdaut sind, werden wir eine Stabilisierung erkennen können. Infolgedessen sollte sich dann auch ein neues Preisgefüge für Immobilien herauskristallisieren. Klar ist dabei, dass die Renditen noch ein gutes Stück des Weges zu gehen haben, um wieder attraktive Einstiegsoptionen zu ermöglichen. Aktuell sieht JLL die Spitzenrendite für Büroimmobilien im Schnitt über die sieben Hochburgen bei 4,12 Prozent. Bis Ende dieses Jahres wird ein weiterer Schritt auf dann rund 4,4 Prozent erwartet. Dann hätten die Renditen seit dem Tiefpunkt im ersten Quartal 2022 um 175 Basispunkte zugelegt. Sollten sich zudem die Finanzierungskonditionen auf dem aktuellen Niveau stabilisieren, wäre die Lücke nahezu komplett geschlossen. Und auch der Abstand, also die Risikoprämie, zu zehnjährigen Staatsanleihen sollte sich bis Ende des Jahres wieder auf 200 Basispunkte und damit den höchsten Wert seit dem ersten Quartal 2022 ausweiten. Da gleichzeitig auch die Spitzenmieten weiter steigen, ergibt sich ein stabiler Cashflow und somit ein gewisser Puffer gegen mögliche Wertverluste.
Mit Ausnahme innerstädtischer Geschäftshäuser stiegen die Renditen auch in den anderen Assetklassen weiter an. Innerhalb des dritten Quartals am stärksten für Fachmärkte und Shoppingcenter, die um 35 beziehungsweise 25 Basispunkte auf 5,85 beziehungsweise 5,25 Prozent anzogen. Und auch im Logistiksegment sowie bei Wohnimmobilien (Mehrfamilienhäuser) hat sich der Renditeanstieg gemäßigt fortgesetzt.
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