Mehrgeschossige Logistik lässt auf sich warten
Der Mietmarkt für Logistikimmobilien wird seit Jahren von einer erheblichen Nachfrage getrieben. Wäre der Flächenmangel nicht ein derart omnipräsentes Problem, würden die Flächenumsätze wahrscheinlich noch höher liegen. Die angespannte Lage um Verfügbarkeit und Mietpreise verschärft sich nicht nur in den Metropolregionen: „Die Nachfrage nach Logistikflächen in unmittelbarer Stadtnähe hat sich durch die Etablierung von Same-Day-Delivery und Lebensmittellieferdiensten noch einmal erheblich erhöht. Unternehmen brauchen diese Flächen, um Kunden zufriedenzustellen und wettbewerbsfähig zu bleiben“, sagt Sarina Schekahn, Head of Industrial Leasing JLL Germany.
Eine Lösung, die Flächennachfrage in den bereits dicht bebauten Lagen zu stillen, könnten mehrgeschossige Logistikimmobilien auf Brownfieldflächen sein, die bei gleichbleibender Bodenversiegelung deutlich mehr Fläche bieten. Bislang mangelt es in Deutschland allerdings noch an massenhaften Entwicklungen – dabei haben die Entwickler bereits Pläne in ihren Schubladen liegen und einzelne Pilotprojekte realisiert. Doch Kosten, Risiko und die Zurückhaltung von Investoren und Logistikern bremsen die Umsetzungen.
Während der Trend zum Obergeschoss in den USA, Kanada und Großbritannien seit etlichen Jahren an Fahrt gewinnt, haben einige Staaten in Asien schon jahrzehntelange Erfahrung mit mehrgeschossiger Logistik – getrieben von noch stärkerem Flächenmangel und noch höheren Preisen. In Hongkong wurde mit dem „Goodman Interlink+“ gar ein Objekt von 24 Etagen mit einer Lagerfläche von etwa 225.000 m² errichtet. Während die obersten Etagen des Objekts mit Aufzügen erreicht werden, können kleinere Lastkraftwagen über spiralförmige Rampen bis auf die 15. Etage gelangen. Mit maximalen Lkw-Längen von unter 14 Metern, einer Bodenbelastung von 1,8 t/m² und Deckenhöhen von etwa sechs Metern bleibt das Objekt allerdings hinter den hiesigen Anforderungen zurück.
Selbst diese vergleichsweise kleinen intralogistischen Anlagen beim Objekt in Hongkong nehmen viel Platz ein, noch erheblicher wird der Bedarf aber, sollen 40-Tonner mit größerem Wendekreis die oberen Etagen befahren können. Dann werden geradlinig gebaute Rampen benötigt sowie Rangierfläche auf jedem Geschoss, damit der Verkehrsfluss gewährleistet werden kann. Jedes Geschoss vollwertig nutzbar zu gestalten, geht also auch mit einem Verlust an Nutzfläche sowie höheren Herstellungskosten einher.
Erst vor kurzem die Blicke auf sich gezogen hat mit dem „Mach2“ von Four Parx ein stadtnahes Projekt in Hamburg-Wilhelmsburg, das weniger Kompromisse mit sich bringt: Die Bodenlast zum Beispiel beträgt im Erdgeschoss übliche 5 t/m², während sie im Obergeschoss bei 3 t/m² liegt. Vom Markt wurde das Objekt angenommen, wenige Monate vor der Fertigstellung konnte die Vollvermietung an namhafte Nutzer verkündet werden.
Trotzdem sprechen die Entwickler der Immobilie, wie andere Marktteilnehmer auch, von aufwendigen Baugenehmigungsverfahren. Oft schließen Höhenbeschränkungen mehrgeschossige Objekte theoretisch aus, da eine Logistikimmobilie üblicherweise eine Höhe von zehn bis 12,20 Meter UKB (Unterkante Binder) vorweist. Derartige Gebietsausweisungen für ein Objekt aufzuheben oder Ausnahmegenehmigungen zu erhalten, kostet viel Zeit und Geld. Aus Statik- und Sicherheitsgründen müssen zudem unter anderem teure Stahlbetondecken eingezogen werden, auch für den Brandschutz und die interne Energieeffizienz gelten erweiterte Vorgaben.
Kurzum: Bauprozesse werden komplizierter und teurer, während eine zusätzliche Etage nicht eine doppelt so schnelle Refinanzierung bedeutet, was potenziell zu höheren Mieten führen kann. Da es für Mieter aber keine erkennbaren Vorteile bei der mehrgeschossigen Logistik gibt, dürfte eine höhere Zahlungsbereitschaft erst durch sich weiter zuspitzenden Wettbewerbsdruck, fehlende Alternativflächen in Stadtnähe oder entsprechende Auflagen der Städte und Gemeinden für mehrgeschossige Objekte entstehen. Verstärkt werden könnte die Entwicklung durch die im Vergleich zu den Mieten deutlich höheren und steigenden Transportkosten.
„Besonders in den stark gefragten Stadt- und Hafenlagen nahe Hamburg, der Region Rhein-Main und München könnten sich die Mehrkosten für eine mehrgeschossige Logistikimmobilie durch den insgesamt größeren vermietbaren Anteil lohnen“, sagt Schekahn. „Mehrgeschossige Immobilien werden oftmals als spekulative Entwicklungen auf den Markt gebracht, doch aus verschiedenen Gründen werden aktuell auch bei eingeschossigen Objekten fast nur Built-to-Suit-Entwicklungen realisiert. Signifikant sind daher baurechtliche Vereinfachungen und Vergünstigungen, denn ohne sie wird es trotz der Vorteile von mehrgeschossigen Immobilien nur eingeschränkt zu Projektentwicklungen kommen.“