Mit Photovoltaik das „grüne“ Potenzial von Logistikimmobilien ausschöpfen

Dachflächen von Logistikimmobilien haben das Potenzial, die Grünstromproduktion erheblich zu steigern, zu mehr Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern zu führen und die grüne Transformation der Branche voranzutreiben. Trotzdem sind noch immer viele Dächer statt „voll Solar“ voll leer.

07. April 2024
Mitwirkende:
  • Sarina Schekahn
  • Diana Schumann

In diesem Zusammenhang gewinnt das Thema Photovoltaik (PV) auf Dachflächen von Logistikimmobilien an Relevanz. Mit dem neuen Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) strebt die Bundesregierung an, bis 2030 insgesamt mindestens 80 Prozent des Bruttostromverbrauchs aus Erneuerbaren Energien zu decken und möchte mit dem Solarpaket I den Ausbau von Photovoltaik beschleunigen1. Laut dem Fraunhofer ISE2 stehen in Deutschland Dächer und Fassaden mit einem PV-Potenzial von etwa 1.000 Gigawatt-Peak (GWP) zur Verfügung, wovon bisher weniger als 10 Prozent genutzt werden, – dies vorwiegend für Aufdachanlagen. Bei einem durchschnittlichen jährlichen Stromverbrauch von 3.500 kWh pro Haushalt pro Jahr könnten mit 1.000 GWP in Deutschland etwa 285 Millionen Haushalte mit grünem Strom aus Solarkraft versorgt werden. 

Lager- und Logistikimmobilien bieten sehr gute Voraussetzungen für die Nutzung von Solaranlagen: auf ihren Dächern, die typischerweise flach, groß und hoch genug sind, um erhebliche Energiemengen aus direkter Sonneneinstrahlung zu gewinnen. Auch wenn bei Weitem nicht alle Logistikdächer tatsächlich für die Installation einer Sonnenenergieanlage geeignet sind, so wird das Potenzial lange nicht ausgeschöpft – nicht einmal neu gebaute Hallen werden standardmäßig mit Solarpaneelen belegt. Rund 50 Millionen Quadratmeter Dachfläche auf deutschen Logistikimmobilien umfasst das Neubauvolumen der letzten zehn Jahre, etwa 30 Millionen Quadratmeter hiervon eignen sich zur Installation von Photovoltaikanlagen. „Diese ungenutzten Quadratmeter sollten wir in Nachhaltigkeitsplanungen konsequenter berücksichtigen“, erklärt Sarina Schekahn, Head of Industrial & Logistics Agency Germany bei JLL.

 

Strategische Kooperation

JLL & Sunrock

JLL und der in den Niederlanden, Frankreich und Deutschland ansässige Dienstleister für Photovoltaikanlagen Sunrock ermöglichen gemeinsam Eigentümern, Mietern und Kommunen, einen entscheidenden Schritt Richtung Erfüllung der ESG-Ziele zu machen.

Was für Solaranlagen auf Logistikimmobilien spricht 

Photovoltaik ist eine ausgereifte und bewährte Technologie, und sie entwickelt sich stetig weiter. Sie bietet Kosteneinsparungen sowie Unabhängigkeit von Strompreisschwankungen und leistet einen positiven Beitrag zur Nachhaltigkeit: Die Verwendung von Solarenergie reduziert nicht nur den eigenen CO2-Fußabdruck, sondern leistet gleichzeitig einen wesentlichen Beitrag zur grünen Energiewende – von fossilen Brennstoffen zu Erneuerbaren Energien (EE). 

Auch die Amortisationszeiten von PV-Anlagen haben sich in den letzten Jahren aufgrund sinkender Kosten reduziert. Nicht zuletzt kann Photovoltaik und die damit verbundene Unabhängigkeit von Energieengpässen oder -preissteigerungen die Attraktivität für Nutzer und Investoren erhöhen und zur Wertbeständigkeit der Gebäude beitragen.

„Immer mehr Investoren und Mieter priorisieren Immobilien, die ihren Beitrag zu einer nachhaltigen Zukunft leisten. Dies liegt in den ESG-Zielen der Immobilienfonds begründet, wird aber auch federführend von der Bankenlandschaft getrieben“, erläutert Schekahn. „Grüne“ Gebäudezertifikate, BREEAM- oder LEED-Zertifizierungen sind im Büroimmobilienmarkt meist bereits Voraussetzung. In der Tat drängen Logistikmieter seltener auf grüne Gebäudezertifikate als Büromieter, – noch? Denn das Interesse an Energieeffizienz und Nachhaltigkeit, auch in Lieferketten und Mietverträgen (Green Leases), steigt auch in diesem Sektor. Und neben vorwiegend wirtschaftlichen Gründen beeinflusst es auch die öffentliche Wahrnehmung eines Unternehmens positiv, wenn es auf Erneuerbare Energien setzt. Ein Photovoltaik-System kann deshalb auch ein starkes Argument bei der Mieterakquisition und -bindung darstellen und gleichzeitig dem zunehmenden Druck der Stakeholder gerecht werden.

Gleichzeitig steigt der Energiebedarf in vielen Industrieimmobilien. „Immer mehr Lagerhäuser sind auf Automatisierung, Robotik und Elektroflotten angewiesen und haben einen erhöhten Energiebedarf, der durch Erneuerbare Energien vor Ort wirtschaftlicher gedeckt werden könnte“, stellt Schekahn fest. Gerade in der Produktion und Teilen des Logistiksektors, in dem die Minimierung von Ausfallzeiten und Betriebskosten von zentraler Bedeutung sind, könnten PV-Anlagen die Energieeffizienz erheblich verbessern und zugleich Unabhängigkeit sowie erhebliche Kosteneinsparungen bieten. Dafür spricht auch die gewerbeübliche Nutzungszeit: Während der Stromverbrauch in Privatgebäuden eher dann hoch ist, wenn die Sonne gerade nicht scheint, besteht der meiste Energiebedarf in Logistikimmobilien vor allem tagsüber, wenn die Stromausbeute am höchsten ist. 

Die anfänglichen Installationskosten für großflächige Photovoltaiksysteme sind hoch. Die potenziellen langfristigen Gewinne aus Stromerzeugung, Stromverkauf und Wertsteigerung der Immobilien können die Investitionen allerdings oft rentabel machen. Doch nicht jedes Dach ist für eine Solarpanel-Installation geeignet.

Herausforderungen im Vorfeld berücksichtigen

Auf dem Weg zur Implementierung von PV-Einheiten stehen Unternehmen auch vor Herausforderungen. „Neben technischen und strukturellen Aspekten gilt es, regionale Unterschiede sowie aktuelle und sich ändernde Regularien des Stromhandels zu berücksichtigen. Mit den derzeit im Umlauf befindlichen Gesetzesentwürfen und erwarteten Änderungen in der Energiepolitik könnte der Weg für Photovoltaik-Installationen und deren Integration in das regionale Energieversorgungsnetz jedoch weiter geebnet werden“, betont Georg Brenninkmeijer, Managing Director bei Sunrock Germany. 

Regulatorischer Hintergrund: In Deutschland beispielsweise gibt es stetige Anpassungen im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), das auch die Förderung von Strom aus Erneuerbaren Energien regelt. Auf EU-Ebene gilt es zu prüfen, wo Strategien wie der „Green Deal“ oder die Richtlinie zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen maßgeblich für nationale Gesetzgebungen sind. 

Änderungen in den Regularien des Stromhandels, insbesondere Vorschriften, die Eigenverbrauch, Direktvermarktung und Mieterstromregelungen betreffen, sind oftmals komplex – und im Fluss – und können eine unmittelbare Auswirkung auf die Wirtschaftlichkeit von PV-Anlagen haben. Hier ist eine individuelle und regelmäßige Recherche notwendig, um finanzielle Nachteile zu vermeiden.

Administrative Herausforderungen: Die Installation von Photovoltaiksystemen unterliegt vielfältigen baurechtlichen und anderen gesetzlichen Bestimmungen, Regularien oder auch Förderungen. Überdies müssen die Anlagen auch bei den regionalen Energieversorgern angemeldet und in das lokale Energienetz eingebunden werden. Diese Einbindung kann aufgrund bestehender Kapazitätsgrenzen des Netzes zu einer komplexen Aufgabe avancieren. Es ist nicht unüblich, dass Netzverstärkungen oder Erweiterungen notwendig werden, um die Einspeisung des erzeugten Solarstroms zu ermöglichen. Für den Fall, dass die Photovoltaikanlage eine bestimmte Größe oder Erzeugungsleistung – eine Erzeugungskapazität von 1.000 Kilowatt-Peak (kWp) – überschreitet, ist die Teilnahme an den von der Bundesnetzagentur durchgeführten Ausschreibungsverfahren verpflichtend. Diese Ausschreibungen für Aufdach-PVAs finden nur dreimal jährlich statt. Die Herausforderungen hierbei liegen an einem restriktiven Ansatz der Regulatorik, in dem nur einen Bruchteil der möglichen Projekte den Zuschlag für die EEG-Ausschreibung erhalten können. Ganz konkret sind es nur 900 Megawatt (MW), die jährlich ausgeschrieben werden (Stand 03/2024) vs. 215 Gigawatt (GW), die bis 2030 realisiert werden sollten.

Technische Anforderungen: Aspekte wie die Ausrichtung und Neigung des Daches, die Statik, die Solareinstrahlung, der Schattenwurf durch umliegende Gebäude oder Bäume sowie vor allem auch der Zustand des Daches spielen eine Rolle bei der Entscheidung, ob eine PV-Anlage sinnvoll ist. Aufgrund der Gebäudehöhe und Lage von Logistikimmobilien ist dies in der Regel keine Schwierigkeit. Zu beachten ist hingegen, dass eine Dachkonstruktion etwa 300 Newton pro Quadratmeter aushalten sollte. Deswegen eignen sich reine Blech- oder Flachdächer für eine Aufdach-Montage nur, wenn Dachlast-Reserven bzw. Vorrüstungen für Dachaufbauten vorhanden sind. 

Wirtschaftliche Aspekte: Obwohl die Kosten für Solar-Anlagen in den letzten Jahren bereits deutlich gesunken sind, handelt es sich um eine größere Investition, die sowohl installiert als auch gewartet werden muss. Zudem sind Ertrag bzw. Rentabilität von PV-Anlagen abhängig von verschiedenen Faktoren wie der geographischen Lage, der Ausrichtung der Anlage – und dem Wetter. Hinzu kommt ein stetig steigender Wettbewerb, sodass mögliche Kostensenkungen direkt an den Verbraucher weitergereicht werden. Die Regulatorik erzielt somit ihr politisches Ziel, indem Energie günstiger erzeugt und auch zur Verfügung gestellt werden kann.

Um die Eigeninvestitionen zu reduzieren, bieten sich verschiedene alternative Betreibermodelle an: So können Eigentümer von Logistikimmobilien die Dachflächen auch an ein drittes Full Service-Unternehmen vermieten, das dort PV-Anlagen installiert, betreibt und wartet – ohne dass für Eigentümer oder Mieter weitere Kosten entstehen. Überdies können die Nutzer der Immobilien zu stabilen und meist günstigeren Kosten pro KW-Stunde den Strom dort beziehen: das sogenannte Power Purchase Agreement (PPA). 

Finanzierbarkeit: Um Projekte erfolgreich umzusetzen und dabei die wirtschaftlichen Ergebnisse zu sichern, ist, wie bei den meisten Infrastrukturprojekten, eine Finanzierung nahezu unumgänglich. Eine Finanzierung unter angemessenen Konditionen kann jedoch nur erreicht werden, wenn die Entwickler der PVAs vorab einen EEG-Zuschlag erhalten haben. Somit stellen die administrativen und regulatorischen Anforderungen auch eine echte Herausforderung für die Wirtschaftlichkeit dar.

Schlussendlich ist jede Investition in PV-Anlagen auf Logistikdächern eine Investition in die Zukunft – eine Zukunft, die auf Nachhaltigkeit setzen muss, um den Klimawandel abbremsen zu können. Mit der wachsenden Bedeutung von ESG-Kriterien in allen Sektoren des Immobilienmarktes wird deren Rolle noch wachsen. Solaranlagen sind daher nicht nur eine nachhaltige Wertanlage und eine Investition in Kosteneffizienz, sondern auch ein bedeutender Beitrag zu einer grüneren und saubereren Zukunft und einem Wandel hin zu mehr Nachhaltigkeit im Immobiliensektor.

Deutschland: Klimaneutral bis 2045?

Deutschland plant, die Kapazität von Photovoltaikanlagen bis zum Jahr 2030 auf 215 GWP zu erweitern, bis 2040 sogar auf 400 GWP, vgl. Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) 2023 und Solarpaket I. Laut Fraunhofer ISE lag die Kapazität im Jahr 2023 bei ca. 81 GWP. Die Bundesregierung möchte den Bau und Betrieb von Photovoltaikanlagen entbürokratisieren und den Zubau von Photovoltaik weiter beschleunigen

Was auf Immobiliendächern noch alles möglich ist

Für Immobiliennutzer oder -eigentümer, die bereit sind, über die Installation einer Photovoltaikanlage hinaus zu gehen und größere Investitionen in nachhaltige Technologien zu tätigen, könnten folgende Maßnahmen interessant sein:

Installation eines Photovoltaik- und Wärmespeichersystems: Hierdurch können die Heizkosten erheblich reduziert werden. Der Überschuss an solarem Strom kann in der Wärmepumpe genutzt werden, um Wärme zu erzeugen und thermisch zu speichern. Diese Wärme kann nach Bedarf auch in späteren Betriebsstunden genutzt werden.

Dachbegrünung oder urbane Landwirtschaft: Diese Maßnahmen können das Mikroklima positiv beeinflussen und zur Thermoregulation des Gebäudes beitragen, was wiederum das Potenzial hat, die Energieaufwendung für Kühl- und Heizsysteme zu optimieren. Sie leisten ebenfalls einen Beitrag zur Erhöhung der Artenvielfalt und ermöglichen die Produktion lokaler, frischer Nahrungsmittel.

Integration innovativer Technologien wie z. B. Algen-Bioreaktoren zur CO2-Bindung und Energieerzeugung oder Windkraftanalagen auf dem Dach.

Regenwassermanagementsystem, das Niederschlag sammelt, filtert und für unterschiedliche Zwecke innerhalb des Gebäudes wiederverwendet – sei es für die Bewässerung von Dachgärten oder als Grauwasser für Sanitäranlagen: Dies senkt nicht nur den Wasserverbrauch der Immobilie, sondern trägt auch zur Entlastung der städtischen Abwassersysteme bei.

Umfassendes Energiemanagement-System, das die Effizienz der Beleuchtung, Klimatisierung und anderer energieintensiver Systeme analysiert und im Einklang mit dem Objektbetrieb optimiert: Hierbei spielen beispielsweise intelligente Beleuchtungssysteme und Belegungssensoren eine tragende Rolle. Auch die Integration von fortschrittlichen Steuerungs- und Regelungssystemen, die nicht nur auf Kühllasten reagieren, sondern sämtliche Anlagen der technischen Gebäudeausrüstung (TGA) auf Basis des tatsächlichen Bedarfs effizient steuern, ist hier von Bedeutung.

Solche ganzheitlichen Ansätze können die Leistungsfähigkeit und den Wert einer Immobilie signifikant steigern und stellen damit eine lohnende Investition in die Zukunft dar. Wichtig ist zu beachten, dass eine vorausschauende Planung und Durchführung erforderlich sind, um den optimalen Nutzen insbesondere aus der Installation einer Photovoltaikanlage zu ziehen.  Ebenso kann die Kombination mit Energiespeichern dazu beitragen, die Energieeffizienz zu steigern und einen kontinuierlichen Betrieb auch nach Sonnenuntergang sicherzustellen. PV-Anlagen können auch kombiniert werden mit Ladestationen für Elektrofahrzeuge, um einen weiteren Mehrwert zu schaffen. Eine Beratung durch einen Experten oder eine spezialisierte Firma ist hier meist sinnvoll.

Die grüne Transformation der Immobilienbranche ist in vollem Gange – und das Dach könnte zum Treiber dieser Veränderung werden.

 

Quellen:
1Photovoltaik-Strategie: Handlungsfelder und Maßnahmen für einen beschleunigten Ausbau der Photovoltaik (Stand 05.05.2023), Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), 2023, Download von www.bmwk.de, Fassung vom 20.3.2024
2
Aktuelle Fakten zur Photovoltaik in Deutschland, Harry Wirth, Fraunhofer ISE, Download von www.pv-fakten.de, Fassung vom 16.1.2024

Sarina Schekahn Head of Industrial & Logistics Agency Germany

Diana Schumann Co-Head Industrial & Logistics Investment Germany