Ideenlos, stranded und leer – der Druck auf Problemimmobilien wächst
Eine umfassende Repositionierung ist häufig die einzige Chance auf nachhaltige Wertschöpfung von stranded Assets ohne funktionierenden Business Case.
Angesichts des wachsenden Drucks von Aktionären, Mitarbeitenden und der Öffentlichkeit sind Unternehmen zunehmend an Gebäuden interessiert, welche hohe Anforderungen an Nachhaltigkeit erfüllen und zudem einen sozialen Mehrwert schaffen.
Assetmanager und Eigentümer stehen aufgrund der geänderten Randbedingungen, insbesondere auch dem dynamisch gestiegenen Zinsniveau, vor der Herausforderung, dass sie eigene Lösungen für Bestandsimmobilien mit geringem WALT oder strukturellem Leerstand entwickeln müssen, die sie andernfalls nur mit hohen Abschlägen zu gesunkenen Preisen verkaufen könnten. Um die Klimaneutralitätsziele der Städte und Kommunen in den kommenden Jahren zu erreichen, ist eine Verdreifachung der Sanierungsrate des Immobilienbestandes erforderlich, wie eine JLL-Studie ermittelte. Viele Unternehmen sind aufgrund ihrer Selbstverpflichtungen – die Erreichung der CO2- Neutralität zu einem definierten Zeitpunkt – gezwungen, nur noch Flächen zu nutzen, welche die Pariser Klimaziele erreichen (CRREM- Pfad), oder gänzlich CO2- neutral sind. Bei Immobilien-Entscheidungen werden immer stärker die Aspekte New-Work-Konzepte, Flexibilität und Wohlbefinden sowie sozialer Nutzen für die Gemeinschaft mit einbezogen. Assets, die derartige Anforderungen nicht gut erfüllen können, riskieren strukturellen Leerstand und einen sogenannten „brown discount" bei Mieten und Verkaufsfaktoren, nicht selten bleibt eine Nachfrage zur Anmietung derartiger Bestandsflächen gänzlich aus.
Die Änderungen der Büro-Arbeitswelten, Erkenntnisse aus der Corona-Pandemie sowie neue Home-Office-Regelungen der Arbeitsgeber:innen werden den Leerstand von Büroimmobilien verstärken, die den heutigen Anforderungen nicht mehr entsprechen. Hier ist eine ganzheitliche Betrachtung und Repositionierung notwendig, bei der neben der Gebäudenutzung auch die Einordnung in den städtebaulichen und nachbarschaftlichen Kontext, das Quartier erfolgt. Ein grundsätzliches Umdenken ist erforderlich: Wie kann die ideale Nutzung des Gebäudes neu definiert werden, um das Gebäude so zu positionieren, dass das Objekt wieder marktfähig wird. Nur so ist eine langfristige und resiliente Ausrichtung möglich, die eine wirtschaftlich und hinsichtlich ESG-Kriterien nachhaltige Nutzung sicherstellt.
So kann es gelingen:
Risikominderung durch Erweiterung der potenziellen Nutzer
Die Einführung neuer Nutzungsarten in einem Gebäude ermöglicht einen breiteren Mietermix, reduziert die Abhängigkeit von einem einzelnen Markt und eröffnet die Möglichkeit, boomende Branchen mit hoher Flächennachfrage zu erschließen. In Städten wie London, die boomende Life Science Unternehmen aus den städtischen Randgebieten anziehen, werden Bürotürme für die Labornutzung umgebaut und neue Entwicklungsflächen für die Wissenschaft ausgewiesen. Auch in München werden innerstädtisch ehemalige Gewerbeflächen zu hochmodernen Büroflächen und technologischen Laboren entwickelt. An Standorten mit Wohnraummangel werden Gewerbeimmobilien in Wohngebäude umgewandelt, während in den Innenstädten aufgrund der Zunahme von Homeoffice und Online-Shopping zunehmend Flächen für Rechen- und Logistikzentren entwickelt werden.
Die Kernkompetenz des Developments-Advisory-Services-Teams von JLL besteht darin, auf Basis von Marktentwicklungen und Nutzererwartungen zu ermitteln, wie der Nutzen - und damit der Wert - einer Gewerbeimmobilie gesteigert werden kann.
Aktivierung von Flächen durch geänderte Nutzungsarten
In vielen Bürogebäuden wird das Erdgeschoss zunehmend zu einem wichtigen Integrations- und Interaktionsbereich mit der direkten Nachbarschaft. Hier können öffentlich zugängliche Angebote wie Fahrradabstellplätze, Läden und Restaurants entstehen. Ungenutzte Außenflächen werden in attraktive Grünflächen umgewandelt, die sowohl den Gebäudenutzern als auch der Öffentlichkeit zugutekommen. Gebäude, die bislang nur für einen einzigen Nutzer ausgelegt waren (z.B. ehemalige Headquarter) werden in Multi-Tenant-fähige Gebäude umgewandelt, die für den Wandel der Arbeitswelten gerüstet sind. Die Reaktivierung unattraktiver bzw. leerstehender Flächen belebt die Nachbarschaft und stärkt die Quartiersentwicklung.
Ein Beispiel hierfür ist eine Studie zur Repositionierung eines ehemaligen Single-Tenant-Bürokomplexes mit ca. 30.000m² Nutzfläche in Stuttgart. Das aktuell leerstehende Gebäude soll zur Steigerung der Attraktivität in eine multi-funktionale und kleinteiligere Nutzung überführt werden. Es sind neben der Multi-Tenant Büronutzung ein Nahversorger, eine Kita, eine Cafeteria sowie Flächen für Serviced Living vorgesehen. Zudem werden Maßnahmen entwickelt zur Einhaltung der Ziele gemäß Pariser Klimaabkommen.
Übergeordnetes Ziel: CO2-Neutralität
Da mehr als 60 % der CO2-Emissionen in Städten durch Gebäude verursacht werden, erhöhen die Kommunen den Druck auf Investoren und Eigentümer, die Umweltbilanz ihrer Immobilien zu verbessern. Eine Repositionierung kann dazu beitragen, diese Umweltziele durch maßgeschneiderte Maßnahmen zur ganzheitlichen Verbesserung eines Assets zu erreichen.
Um die CO2-Bilanz einer Modernisierung so gering wie möglich zu halten, müssen mehrere Aspekte berücksichtigt werden: die Auswahl geeigneter Materialien, die Wiederverwertung von eingesetzten Materialien und die Minimierung von Bauabfällen. Eine effiziente Gebäudetechnik, die Verwendung erneuerbarer Energien und die Förderung der Biodiversität können dazu beitragen, zukünftige CO2-Emissionen zu reduzieren. Gleichzeitig ist die Resilienz gegenüber Umweltrisiken ein Schlüsselfaktor für eine langfristige Werterhaltung.
Unsere Strategie zur Repositionierung eines Büroprojekts in Luxemburg nutzte beispielsweise die besondere Lage des Gebäudes zwischen zwei Naturschutzgebieten. Das Konzept beinhaltete die verbesserte Nutzung der Außenbereiche des Gebäudes zur Steigerung des Wohlbefindens der Nutzer, ebenso wurden Investitionen in die Biodiversität der Umgebung angeregt, um sowohl die Investoren bei der Erreichung ihrer Nachhaltigkeitsziele zu unterstützen als auch die Lebensqualität der Anwohner zu verbessern.
Multi-Use als Erfolgsfaktor resilienter Gebäude und positiver Quartiersentwicklung
Das Interesse von Investoren und Eigentümern besteht in erster Linie darin, Mieter zu gewinnen und diese langfristig zu binden. Die Repositionierung von Gebäuden mit geringer Nachfrage ermöglicht es Eigentümern, nicht nur den heutigen Anforderungen der Unternehmen gerecht zu werden, sondern auch Flächen zu schaffen, die leichter an zukünftige Anforderungen angepasst werden können.
Die Herausforderung besteht darin, die richtige Balance zwischen Marktentwicklungen, Nutzererwartungen und wirtschaftlichen Beschränkungen zu halten und technische Lösungen zu finden, um Flächen nachhaltig und flexibel für zukünftige Nutzungen umzugestalten. Auch wenn die Kommunen in der Regel Projekte unterstützen, die einen sozialen Mehrwert schaffen, gibt es rechtliche und technische Vorgaben für die Umnutzung von Gebäuden.
Hier zeigt sich der Mehrwert unserer Expertise. Unsere Teams unterstützen Eigentümer und Investoren bei der Planung und Umsetzung nachhaltiger Repositionierungsprojekte und bieten fundierte Wertschöpfungsstrategien, die dazu beitragen, komplexe Vorschriften zu vereinfachen und gleichzeitig die Ziele der Kommunen zu unterstützen.
Eine solche Repositionierungsstrategie wird derzeit in Madrid an einem Standort umgesetzt, der ursprünglich für Hotel- und Einzelhandelsnutzung vorgesehen war. Durch die Kombination von Stadtentwicklungsexpertise mit Marktkenntnis und technischem Know-how erarbeiteten wir eine Umnutzungsstrategie zur Umwandlung eines Teils des bestehenden Hotels in alternative Wohn- und Büronutzungen, um eine langfristige Investitionsrendite zu erzielen.
Diversität der Nutzungen als Schlüssel zum Erfolg
Die Nutzeranforderungen an Gebäude verändern sich. Bei der Revitalisierung von Gebäuden spielt heute die Diversität der Nutzungen und Flexibilität eine entscheidende Rolle. Immer häufiger werden Konzepte angefragt zur Steigerung der Attraktivität von Gebäuden mit nur einer Nutzungsart, wie z. B. klassische Bürogebäude für einen Einzelmieter. Die Schaffung eines für den spezifischen Standort geeigneten Nutzungsmixes mit entsprechenden Dienstleistungsangeboten, die für die eigentlichen Nutzer des Gebäudes als auch die Öffentlichkeit zugänglich und nutzbar sind, ist hier maßgeblich.
Immobilien, die flexibel, nachhaltig und gemeinschaftsfördernd sind, werden zunehmend nachgefragt - und Vermieter und Investoren können durch Investitionen in die Repositionierung ihrer Gebäude einen finanziellen, ökologischen und sozialen Mehrwert generieren..