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Von wegen graue Maus: Die etwas heimliche Metropole Hannover

Hannover ist der Wirtschaftsmotor Niedersachsens und hat auch als Lebensort weit mehr zu bieten, als das Image der Stadt vermuten lassen könnte.

11. Juli 2019

Hannover hat, bei aller Liebe, immer auch ein wenig das Image der grauen Maus im Norden weg. Immer einen ganzen Tick weniger mondän als die große Schwester an der Elbe, zumindest sehen es die Hamburger gerne so. Ganz abstreiten lässt sich das zwar nicht, aber im Vergleich mit der Millionenstadt würde so manches deutsche Zentrum als wenig urban abschneiden. Doch Hannover kann durchaus für sich selbst stehen.

Die niedersächsische Hauptstadt ist einer der wichtigsten Knotenpunkte der Region und das Wirtschaftszentrum des zweitgrößten deutschen Flächenlandes. Die dort ansässige Industrie, nicht zuletzt natürlich VW und Zulieferer, versorgt zahlreiche nationale wie internationale Märkte.

Als Versicherungsstandort zählt die Stadt zu den ersten Adressen in Deutschland und auch andere bedeutende Finanzdienstleister sind dort vertreten. Und dann ist da natürlich noch die Messe Hannover, Heimat für zahlreiche renommierte Branchenveranstaltungen, viele davon von Weltrang.

Was aber macht Leben und Arbeiten in Hannover wirklich aus? Und ist die Stadt vielleicht viel spannender als ihr Ruf? Dominik Talhof, unser Team Leader Office Leasing in Hannover, kann das beantworten:

Dominik, welche drei Dinge fallen dir zuerst ein, wenn du an Hannover denkst?

Herausragend ist unsere Hauptstadt natürlich als Messestandort. Die zahlreichen Leitmessen, die hier rund ums Jahr veranstaltet werden, kennt man weit über die Region hinaus. Aber auch die ehemalige Weltausstellung Expo prägt jetzt wieder die Stadt. Gerade in der jüngeren Vergangenheit hat sich das Gelände zu einer Art Boomtown entwickelt. Und die Aufwertung geht rasant weiter.

Dann sind wir eine grüne Metropole. Vielen Ortsfremden ist gar nicht bewusst, was Hannover landschaftlich so zu bieten hat. Die Eilenriede zum Beispiel. Einer der bedeutendsten Stadtwälder Europas, rund 640 Hektar groß und mitten in der städtischen Infrastruktur gelegen. Oder der Maschsee, der gerade in der warmen Jahreszeit ein absolutes Freizeit-Highlight ist. Was mich aber ganz persönlich an der Stadt anspricht: Sie ist weitläufig und nicht überlaufen.

Das klingt wirklich nicht schlecht, reicht mir aber noch nicht. Kannst du ein paar Argumente dafür finden, warum man unbedingt in Hannover leben sollte?

Insgesamt ist die Lebensqualität hoch. Es gibt hier alles, was eine Großstadt ausmacht, ganz ohne deren negative Seiten. Kein Stress, bei uns läuft alles entspannt ab. Wir sind außerdem ein Ort der kurzen Wege mit einem eindrucksvollen Einzelhandelsangebot. Schließlich hat Hannover die größte zusammenhängende Fußgängerzone Deutschlands zu bieten. Und dazu viele Naherholungsmöglichkeiten. Das alles gibt es für vergleichsweise niedrige Lebenshaltungskosten, ein großes Kulturangebot noch inklusive. Hannover ist nicht ohne Grund UNESCO City of Music, mit vielen Konzerten. Wem das nicht reicht, der findet auch zahlreiche Sportevents.

Und wenn es trotzdem mal langweilig wird bei uns, dann bietet die zentrale Lage Hannovers viele Optionen in greifbarer Nähe. Da gibt es das Meererlebnis an der Nordsee oder den Ausflug in die Berglandschaft Harz. Man ist schnell in Berlin, Hamburg und in Nordrhein-Westfalen. Übrigens ist man in der Region selbst bestens unterwegs. Der gut ausgebaute ÖPNV hat dazu beigetragen, dass die Stadt als nachhaltigste Deutschlands ausgezeichnet wurde.

Was sollte man in der ersten Woche in Hannover unternehmen, um das besondere Flair kennenzulernen?

Um einen ersten Eindruck zu bekommen, kann man dem „rote Faden“ folgen – eine tatsächliche Streckenmarkierung auf dem Boden, die Ortsfremde sehr gut durch die Innenstadt führt, vorbei an vielen relevanten Sehenswürdigkeiten.

Im Sommer ist zu empfehlen, mit dem einzigartigen „schiefen Aufzug“ auf die Kuppel des neuen Rathauses hochzufahren und sich von dort einen Überblick zu verschaffen. Im Winter lädt dagegen der urige Weihnachtsmarkt zum Schlendern in der Altstadt ein. So lässt sich gut das mittelalterliche Hannover entdecken. Weitere städtische Events sind das Lister Meile Fest oder das Maschseefest.

Wer die alternative Szene liebt, ist mit einer Kiosktour durch die Limmerstraße gut bedient – „Limmern“, wie der Einheimische das nennt. Die eher studentische junge Szene trifft man am Engelbosteler Damm in der Nordstadt. Die Wochenmärkte in der Südstadt und in der List sind dagegen beliebte Besuchermagnete für Menschen mit einem feinen Gaumen.

Netzwerk-Location und Treffpunkt Nummer 1 ist aber die Markthalle, ganz nebenbei auch „Bauch der Stadt“. Zwischen Bankenviertel und Landtag treffen sich dort am Rande der Altstadt Hannoveraner aller Art zum Essen und Trinken. Ein paar Kalorien loswerden kann man als Sportsfreund dann beim Ausflug in die Eilenriede, wo es diverse Laufstrecken von kurz bis anspruchsvoll gibt. Gejoggt wird auch auf der etwa 6,5 km langen Strecke am Maschsee.

Noch eine Besonderheit unserer Stadt: In Hannover ist eigentlich immer irgendwo ein Feuerwerk. Ob beim Frühlingsfest, Schützenfest, Oktoberfest, Maschseefest, beim kleinen Fest im großen Garten oder auch beim internationalen Feuerwerkswettbewerb: Irgendwo knallt es immer.

Freizeitmäßig gibt es hier also eine Menge zu tun. Wie sieht es aber in Sachen Karriere aus?

Mit VW und Continental als größte Arbeitgeber ist die Automotive-Branche hier sehr stark. Die Themen Automatisierung, Robotik, Industrie 4.0 und E-Mobilität bieten zudem zahlreiche Arbeitsplätze mit Zukunftsperspektive. Dann ist auch das Klinikum Region Hannover ein sehr relevanter Arbeitgeber und die Medizinische Hochschule Hannover (MHH) gilt als weltweit renommierter Forschungs- und Innovationsstandort. Das bietet nicht nur dort zukunftssichere Jobs, sondern auch Karriereoptionen in der Life Science-Branche, die sich im Umfeld der Hochschule etabliert hat. Natürlich nicht zu vergessen: Hannover ist seit jeher ein Zentrum des Versicherungswesens und der Krankenkassen. Viele davon unterhalten ihre Zentrale bei uns in der Stadt.

Den Titel lebenswerteste Stadt Deutschlands hat sich in der Mercer-Studie „Quality of Living 2019“ München eingeheimst. Was muss in deiner Stadt passieren, um da heranzukommen?

Hannover muss eigentlich nur von den Menschen entdeckt werden. Eine Stadt ist dann lebenswert, wenn die Leute, die dort leben, das anerkennen und weitererzählen. In Hannover behält man es aber für sich. Mit dem Image als „graue Maus“ im Norden kann man gut leben, da so nicht viele Touristen in die Stadt kommen und sie überfluten, wie es zum Beispiel in München, Köln oder Hamburg geschieht.

So bleibt die Stadt national wie international eher ein Geheimtipp, trotz des umfassenden Angebots an kulturellen Veranstaltungen, lebenswerten Stadtteilen, einem überdurchschnittlich hohen Anteil an Grünflächen, guten wirtschaftlichen Rahmendaten und der zentralen Lage zwischen Meer und Harz. Würde Hannover mit etwas mehr Selbstbewusstsein auftreten, würde man das auch bald an anderen Orten in Deutschland anerkennen.

Was Hannover aber wirklich fehlt ist ein klassisches Profil. Es gibt keinen Dialekt wie in Leipzig, Dresden, Berlin oder Bayern. Es gibt keine Macke, die man der Stadt zuordnet, wie den Schwaben die Sparsamkeit oder den Hamburgern die norddeutsche Distanz. In Hannover spricht man ein sauberes Hochdeutsch, man kann in der Fußgängerzone vor dem Hauptbahnhof fast vom Boden essen. Die Menschen sind durchschnittlich freundlich, verdienen durchschnittlich viel Geld, gehen durchschnittlich mit den Trends der Zeit und führen, überspitzt gesagt, ein durchschnittliches Leben. Das ist natürlich Unsinn, denn so betrachtet wären ja definitionsgemäß fast alle Regionen „Durchschnitt“. Die Stadt hat ihre eigenen Stärken, ihre ganz besondere Identität und ein hervorragendes wirtschaftliches Profil. Vielleicht hat Hannover kein sehr markantes Image, aber auf jeden Fall eine einzigartige Seele, die es lohnt, entdeckt zu werden.