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Wahlkampf trifft Wohnungskrise

Parteien kämpfen mit Wohnungskrise und Mietregulierung. Die Zukunft des Wohnungsmarktes bleibt ungewiss. Welche Lösungen werden entscheidend sein?

04. Februar 2025
Mitwirkende:
  • Dr. Sören Gröbel
  • Roman Heidrich

Auf den bundesdeutschen Mietwohnungsmärkten sorgt ein anhaltendes Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage für eine hohe Dynamik bei der Entwicklung der Neuvertragsmieten, die auch mittelfristig anhalten wird. Denn nach den letzten beiden schwierigen Jahren wird sich der Wohnungsbau 2025 nur sehr langsam erholen. Die Baugenehmigungen werden zunächst noch weiter sinken. Auch wenn die Zahl der Stornierungen im Wohnungsbau seit Anfang 2024 rückläufig ist, bleibt der Auftragsmangel im ausführenden Baugewerbe auf einem im historischen Vergleich hohen Niveau. Auch die Mehrheit der Unternehmen bleibt laut Umfrage des ifo-Instituts weiterhin pessimistisch. Es bleibt daher zu befürchten, dass sich die Situation von einer akuten zu einer chronischen Lage mit langfristigen Folgen für den Wohnungsmarkt entwickelt. Denn wo heute keine neuen Wohnungen und Wohnprojekte genehmigt werden, können auch in einigen Jahren keine neuen Wohngebäude entstehen - mit direkten Auswirkungen auch auf die Mietpreisentwicklung.
 

Situation am Wohnungsmarkt vor Bundestagswahl verschärft

Nach diversen Kostensteigerungen, z.B. aufgrund von Lieferkettenproblemen während der Corona-Pandemie und dem Zinsschock im Jahr 2022, hatte die Wohnungsbaubranche eigentlich auf tiefgreifende Reformen für den Wohnungsneubau und eine verlässliche Förderkulisse gehofft. Stattdessen kommt es nun zu Neuwahlen und damit zu einer erhöhten politischen Unsicherheit für alle Akteure auf dem Wohnungsmarkt.

Den Umfragen (Stand:24.01.2025) zufolge, wird die Union stärkste Kraft (rund 30,4%, 24.01.2025). Mit deutlichem Abstand folgen die AfD (20,1%), SPD (16,3%) und die Grünen (13,7%), während sich BSW, FDP und die Linke allesamt um die Fünfprozenthürde bewegen. Damit sind nach aktuellem Stand nur zwei Konstellationen denkbar: zum einen die Neuauflage der großen Koalition (Union/SPD) oder eine schwarz-grüne Regierung (Union/die Grüne).

Das Thema Wohnen, insbesondere die damit eng verbundenen Themen wie Wohnungsknappheit und Bezahlbarkeit, spielt im aktuellen Wahlkampf wieder eine größere Rolle. Grund dafür ist, dass die Vorgängerregierungen sowohl beim Wohnungsneubau als auch bei der Bezahlbarkeit, insbesondere bei der Mietpreisbremse, ihre selbst gesteckten Ziele zumeist weit verfehlt haben. Bereits der Wohngipfel 2018 hatte sich zwei zentrale Ziele gesetzt: Zum einen die Schaffung von mehr bezahlbarem Wohnraum mit dem Ziel, in den kommenden Jahren 1,5 Millionen neue Wohnungen zu bauen, zum anderen die Senkung der Baukosten durch Vereinfachung von Vorschriften und Förderung kostengünstiger Bauweisen. Aufgrund der nicht erreichten Ziele haben diese Themen heute eine signifikant höhere gesellschafts- und sozialpolitische Relevanz. Entsprechend werden sie von den Parteien im Wahlkampf strategisch aufgegriffen und für ihre jeweiligen politischen Zwecke genutzt.
 

Die Zuständigkeiten für die Wohnungspolitik verteilt sich auf viele Ressorts

Wohnungspolitik setzt grundsätzlich auf verschiedenen Ebenen an. Neben dem Wettbewerbsrecht sind die meisten wohnungspolitischen Maßnahmen der ökonomischen Regulierung (auf Bundes- / Landes- und kommunaler Ebene) und der sozialen Regulierung zuzuordnen. Zur ökonomischen Regulierung gehören steuerliche Maßnahmen wie Abschreibungssätze und Grunderwerbsteuer, aber auch alle planungsrechtlichen Vorgaben (z.B. Milieuschutz) sowie baurechtliche Vorgaben (u.a. im Baugesetzbuch). Indirekt kann auch die Geldpolitik dazu gezählt werden. Bei der sozialen Regulierung sind vor allem die Objektförderung (sozialer Wohnungsbau) und Subjektförderung (z.B. Wohngeld) sowie der Mieterschutz und die Mietpreisregulierung (u.a. Mietpreisbremse) zu nennen.

Die Zuordnung der wohnungspolitischen Instrumente zu verschiedenen Ressorts verdeutlicht auch deren Komplexität und die Herausforderungen der Koordinierung im politischen Betrieb, in dem die Zuständigkeiten auf verschiedene Ministerien verteilt sind. Dies wurde auch in der Legislaturperiode der Ampelregierung deutlich. Zwar wurde dem Thema Wohnen und Bauen mit der Wiedereinführung des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauen ein höherer Stellenwert eingeräumt, jedoch konnte auch dies nicht gewährleisten, dass alle im Koalitionsvertrag festgelegten Ziele umgesetzt wurden. Dies lag nicht zuletzt daran, dass die parteipolitisch unterschiedlich besetzten Ministerien unterschiedliche Interessen vertraten, was die Umsetzung aller Themen erschwerte.
 

Auswirkungen von Neuwahlen vor allem indirekt durch Erhöhung der politischen Unsicherheit

Neben den direkten Einflüssen auf die Wohnungspolitik haben die anstehenden Neuwahlen auch indirekte Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt. Letztere betreffen vor allem die durch die Neuwahlen ausgelöste Unsicherheit bei den verschiedenen Akteuren des Wohnungsmarktes, die sich unterschiedlich auswirken kann.

Im Bereich der Investitionen, einschließlich des Wohnungsneubaus, führt eine erhöhte politische Unsicherheit kurzfristig häufig zu einer verstärkten Zurückhaltung. Dies kann sich in zeitlichen Verzögerungen oder auch in einer geographischen Verlagerung von Kapital niederschlagen.

Mittel- und langfristig besteht nicht nur die Gefahr einer negativen Beeinträchtigung des politischen Vertrauens sowohl auf Seiten der Investoren als auch auf Seiten der Konsumenten (z.B. Mieterhaushalte). Es wird auch den institutionellen Marktteilnehmern erschwert, langfristige Strategien zu entwickeln. Dies gilt insbesondere für den Bausektor mit seinen langen Projekt- und Finanzierungslaufzeiten und der Schwierigkeit für Unternehmen, auf kurzfristige Veränderungen zu reagieren.

Die Auswirkungen dieser Unsicherheit können daher weitreichende Folgen haben und die Dynamik des Wohnungsmarktes nachhaltig beeinflussen. Daher ist es wichtig, dass politische Entscheidungsträger diese indirekten Effekte bei der Gestaltung wohnungspolitischer Maßnahmen berücksichtigen, um Stabilität und Vertrauen im Markt zu fördern.
 

Was sind die wohnungspolitischen Schwerpunkte in den Wahlprogrammen der Parteien?


Die Parteien setzen in ihren Wahlprogrammen unterschiedliche Schwerpunkte bei wohnungspolitischen Themen. Diese Schwerpunkte wurden aus den veröffentlichten Wahlprogrammen abgeleitet. Die vorgeschlagenen Einzelmaßnahmen wurden gewichtet und anschließend fünf Bereichen zugeordnet: "Mietenregulierung und Mieterschutz", "Wohneigentumsförderung", "Sozialer Wohnungsneubau und Objektförderung", "Wohnungsneubau: Planungs- und Baurecht" sowie "Wohnungsbestand und Wärmewende".

Diese Kategorien ergeben sich im Wesentlichen aus den gewählten Schwerpunkten und decken das gesamte Spektrum wohnungspolitischer Maßnahmen ab, sofern eine Spezifizierung nicht bereits in der Bezeichnung enthalten ist (wie im Falle des Planungs- und Baurechts). Beispielsweise umfasst der Bereich "Bestandsimmobilien und Wärmewende" sowohl fiskalische als auch ordnungsrechtliche Maßnahmen sowie Förderungen.

Die Bewertung erfolgt ausschließlich hinsichtlich der Prioritätensetzung und bewertet ausdrücklich nicht, ob die vorgeschlagenen Maßnahmen Restriktionen auf- oder abbauen sollen. Darüber hinaus wird nicht bewertet, welchen Stellenwert die wohnungspolitischen Maßnahmen insgesamt in den Wahlprogrammen einnehmen.

Schwerpunkte der wohnungspolitischen Maßnahmen in den Wahlprogrammen

 

Abbildung 1: Schwerpunkte der wohnungspolitischen Maßnahmen in den Wahlprogrammen
Quelle: JLL 2025; Wahlprogramme der dargestellten Parteien. Berücksichtigte Vorschläge aus den Wahlprogrammen: CDU/CSU: 17; SPD: 29; Die Grünen: 20; FDP: 18; BSW: 10; Die Linke: 17; AfD: 13.

Abbildung 1 zeigt die abgeleiteten Schwerpunkte der Wahlprogramme sowohl für die möglichen Regierungsparteien als auch für die möglichen Oppositionsparteien. Bei den möglichen Regierungsparteien wird deutlich, dass die Union den stärksten Fokus auf den Bereich Wohnungsneubau legt, während die Grünen und die SPD jeweils ihren Schwerpunkt im Bereich Mietpreisbremse und Mieterschutz haben. Auch der soziale Wohnungsneubau ist für SPD und Grüne von größerer Bedeutung, während sich die Union etwas stärker auf die Wohneigentumsförderung konzentriert.

Die Grünen haben mit dem konkreten Vorschlag, "regionale Mietenstopps" [3] zu ermöglichen, einen besonders weitreichenden Punkt bei der Mietpreisregulierung in ihr Wahlprogramm aufgenommen. Ein Mietenstopp (oder auch " Mietendeckel") ist der restriktivste Eingriff in die Mietpreisbildung, der von den dargestellten Parteien genannt wird. Die SPD hat mit dem Vorschlag, die "Kappungsgrenze auf sechs Prozent" [4] zu senken (derzeit liegt sie bei 15 bzw. 20 Prozent), ebenfalls einen stark eingreifenden Punkt bei der Mietpreisregulierung, da dieser sehr flächendeckend wirkt und zudem eine deutliche Absenkung gegenüber den bisher geltenden Werten darstellt.

Auffällig bei der SPD ist zudem der Vorschlag einer unbefristeten Mietpreisbremse und die Ausweitung der Mietpreisbremse auf befristete Mietangebote und (teil-)möblierte Wohnungen. Diese Punkte finden sich auch im Wahlprogramm der Grünen [3, 4] wieder. Die Union hält sich bei der Mietpreisbremse zurück und stellt lediglich klar: "Wir stehen für einen wirksamen und angemessenen Mieterschutz - dazu gehören auch die Regeln zur Miethöhe" [2].
 

Schwerpunkte in den Wahlprogrammen bei den möglichen Oppositionsparteien noch heterogener


Bei den Oppositionsparteien sind teilweise noch stärkere Fokussierungen auf einzelne Teilbereiche wohnungspolitischer Maßnahmen zu beobachten. Das BSW und die Linke weisen deutliche inhaltliche Ähnlichkeiten auf, was sich auch in der Schwerpunktsetzung in der Abbildung widerspiegelt. Ihre Prioritäten im Bereich Wohnungspolitik liegen sowohl in der Mietregulierung und im Mieterschutz als auch im sozialen Wohnungsneubau.

Aus dem Wahlprogramm des BSW lassen sich etwa folgende Vorschläge nennen: „In allen Regionen, in denen es nicht mehr möglich ist, sich mit einem normalen Einkommen adäquaten Wohnraum zu leisten, wollen wir die Mieten bis zum Ende des Jahrzehnts einfrieren. Kosten für Sanierungen haben die Vermieter zu tragen." [5] Oder auch: „Wir fordern einen bundesweiten Mietendeckel statt einer wirkungslosen Mietpreisbremse." [5] Die Linke schlägt bei der Mietpreisregulierung ähnlich restriktive Maßnahmen vor: „Als Sofortmaßnahme müssen Mieterhöhungen, wo der Wohnungsmarkt angespannt ist, für die nächsten sechs Jahre ausgeschlossen werden." [6]

Ähnliches gilt für die Vorschläge im Bereich des sozialen Wohnungsneubaus. Das BSW nennt beispielsweise in ihrem Wahlprogramm: „Der gemeinnützige Wohnungsbau muss gestärkt werden. Größere Teile des Wohnungsmarktes müssen wieder den Regeln der Gemeinnützigkeit unterliegen, gemeinnützige und kommunale Wohnungsbauunternehmen sollten zinsvergünstigte Kredite erhalten und ein großes Wohnungsbauprogramm auflegen. Dort, wo Sozialwohnungen entstehen, muss die Sozialbindung dauerhaft gelten." [5] Ähnliches findet sich auch bei den Linken: „Egal ob im Bestand oder beim Neubau, wir fordern: Einmal Sozialbindung, immer Sozialbindung." [6]

Die FDP weist vergleichbare Schwerpunkte wie das Wahlprogramm der Union auf: eine starke Fokussierung auf planungs- und baurechtliche Maßnahmen zur Stimulierung des Wohnungsneubaus sowie die Stärkung des Wohneigentums. Dabei enthält das Wahlprogramm vor allem zu erstgenannten Punkten eine Reihe von vorgeschlagenen Maßnahmen. Diese reichen von der Reduzierung von Baustandards („überzogene Bau-Auflagen abbauen und auf sinnvolle Mindeststandards bei Gebäudeenergie, Brand- und Gesundheitsschutz sowie Statik reduzieren" [7]) bis zu Erleichterungen im Bauordnungsrecht („Bauordnungsrecht wird im Wesentlichen durch die Landesbauordnungen geregelt. Hier müssen Erleichterungen nach dem Vorbild des Gebäudetyps E geschaffen werden." [7]). An dem von der FDP eingeführten Gebäudetyp E würde man auch in Zukunft festhalten und diesen als „Blaupause für die Entrümpelung des Baurechts" [7] nutzen.

Die AfD hebt sich von den anderen Parteien insofern ab, dass ihre Schwerpunkte deutlich auf der Wohneigentumsförderung und im Bereich der Bestandsimmobilien und Wärmewende liegen. Letzteres ist vor allem geprägt durch eine ablehnende Haltung gegenüber den Maßnahmen früherer Regierungen, etwa den Novellierungen im Bereich des Gebäudeenergiegesetzes. Dies wird etwa daran deutlich, dass die AfD „EEG-Umlage, CO2-Steuer und das Gebäudeenergiegesetz (GEG)" [8] abschaffen würde.
 

Was sind mögliche wohnungspolitischen Hürden bzw. Gemeinsamkeiten in Sondierungsgesprächen?


Im Folgenden werden die Einzelpunkte der drei Parteien, die aus heutiger Sicht am ehesten an einer Regierung beteiligt sein könnten, in den Bereichen Wohnungsneubau und Mietenregulierung analysiert. In diesen beiden Kategorien finden sich die meisten Einzelpunkte in den Wahlprogrammen.

Beide Ebenen lassen sich auch hinsichtlich der Wirkungsweise der Maßnahmen gut in einem Diagramm darstellen. Die Abbildung 2 zeigt die wichtigsten Punkte der Wahlprogramme. Die Achse für die Wirkungsweise auf die Mietpreisdynamik unterscheidet zwischen Maßnahmen, die sich positiv auf die Mietpreisdämpfung auswirken, und solchen, die sich negativ auswirken, also eine flexiblere Mietpreisentwicklung ermöglichen. Auf der Angebotsseite erfolgt eine ähnliche Einteilung, jedoch nach der Wirkungsweise auf den Wohnungsneubau. Dabei werden Maßnahmen, die den Wohnungsneubau stark stimulieren, positiv bewertet, während Maßnahmen, die die Anreize für den Wohnungsneubau reduzieren, negativ bewertet werden.[1]

Die farbliche Stärke gibt den Konkretisierungsgrad der Maßnahmen an, um zwischen sehr konkreten und weniger konkreten Vorschlägen zu unterscheiden. Konkrete Maßnahmen dürften in den meisten Fällen auch schneller wirken.

Die Abbildung zeigt die negative Korrelation zwischen den Maßnahmen. Tendenziell wirken sich Maßnahmen, die sehr restriktiv auf die Mieten wirken, negativ auf den Wohnungsneubau aus, da sie die Anreize für Bauträger und Investoren verringern, neue Projekte in Angriff zu nehmen.

Ausgehend von dieser Darstellung lassen sich verschiedene Fragen beantworten: Wo liegen die Schwerpunkte der Parteien? Wo finden sich besonders extreme Punkte in den Wahlprogrammen? Und schließlich: Wo gibt es große Diskrepanzen zwischen den Parteien? Diese Analyse ermöglicht eine fundierte Einschätzung der wohnungspolitischen Positionen der potenziellen Regierungsparteien.
 

Einzelpunkte der Wahlprogramme der CDU/CSU, SPD die Grünen 

Abbildung 2: Einzelpunkte der Wahlprogramme der CDU/CSU, SPD die Grünen
Quelle: JLL 2025; Wahlprogramme der dargestellten Parteien. Maßnahmen im Bereich des Wohnungsneubaus und der Mietpreisregulierung. Einschätzung der Wirkungsweise JLL Living Research auf Basis wohnungspolitischer Literatur.

Vergleich der wohnungspolitischen Punkte der Wahlprogramme


Die Grünen und die SPD sind überwiegend im rechten unteren Bereich der Abbildung verortet, was einen deutlichen Fokus auf die Mietpreisregulierung im Vergleich zeigt (siehe auch Abbildung zu Schwerpunkten der Parteien). Die Union positioniert sich hingegen deutlich im linken oberen Bereich, was einen Schwerpunkt auf die Angebotsschaffung verdeutlicht. Dieser Anspruch wird auch explizit formuliert: „Die CDU/CSU-Fraktion setzt auf eine Ausweitung des Angebots, um die Mietpreise zu senken." [1]

Grüne und SPD liegen mit ihren Schwerpunkten im Bereich der Mietregulierung nah beieinander (z.B. Entfristung/Verlängerung der Mietpreisbremse und deutliche Verschärfung). Die Union lässt die Mietpreisregulierung weitgehend unerwähnt und bekennt sich lediglich grundsätzlich zur Notwendigkeit einer Mietregulierung: „Wir stehen für einen wirksamen und angemessenen Mieterschutz – dazu gehören auch die Regeln zur Miethöhe" [2]. Die CDU/CSU bleibt beim Thema Mietregulierung/Mietpreisbremse wahlpolitisch unkonkret und vertritt die Position: „Die Mietpreisbremse läuft noch bis Ende 2025. Der neu gewählte Bundestag wird nach der Wahl im Februar also noch ausreichend Zeit haben, darüber zu entscheiden, ob dieses Instrument weiterhin sinnvoll ist und verlängert werden soll." [1]

Im Bereich der Mietpreisregulierung dürfte es daher bei den Koalitionsverhandlungen zu deutlichen Differenzen kommen. Anders sieht es im Bereich der Angebotsschaffung aus. Hier liegen die Positionen relativ nah beieinander. Alle drei Parteien wollen Verfahren weiter digitalisieren, vereinfachen und beschleunigen sowie das Planungsrecht teilweise anpassen (Union: regionale Sonderregelungen). Hier dürfte es keine größeren Schwierigkeiten geben, in einem Koalitionsvertrag Einigungen zu erzielen. Fraglich bleibt allerdings die Finanzierbarkeit der geplanten Vorhaben (insbesondere der Unionsvorschläge) sowie die Wirksamkeit und konkrete Umsetzung der Ziele.

Ähnlich verhält es sich im Bereich der Wärmewende in bestehenden Wohngebäuden. Die CDU hat in ihrem Anfang Februar 2025 beschlossenen 15-Punkte-Plan deutlich gemacht, dass sie das "Heizungsgesetz der Ampel" abschaffen möchte. Sie argumentiert, dass "das bürokratische Reinregieren in den Heizungskeller" beendet werden muss. In diesem Punkt dürfte es erhebliche Differenzen zu den ehemaligen Ampel-Parteien SPD und Grünen geben.
 

Die Vorschläge im Bereich des Wohnungsangebots fallen trotz großer Übereinstimmungen oft unkonkret aus


Während im Bereich der Mietpreisregulierung die Vorschläge weitgehend konkret sind, bleiben sie im Bereich der Angebotsausweitung vage. Die Union nennt einige konkrete – wenn auch teilweise wenig innovative – Punkte wie „degressive Abschreibung", „Gebäudetyp E", „BIMA-Grundstücke", „Werbungskostenabzug" [2]. Die theoretisch effektivsten Punkte bleiben jedoch sehr oberflächlich: „Bauliche Standards zurückführen" [3] (Die Grünen); „das Baurecht vereinfachen, Verfahren digitalisieren und bundesweit angleichen" [3] (Die Grünen); „Befristete Sonderabschreibung für bezahlbaren Wohnraum" [2] (Union); „Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigen" [4] (SPD). Die Vorschläge bleiben insgesamt wenig innovativ. Obwohl diese Punkte grundsätzlich als effektiv eingestuft werden können, liegt die Herausforderung vor allem in der konkreten Umsetzung, die innovative Ideen erfordert. 
 

Bedeutung extremer Standpunkte für die Kompromissbildung


Extreme Unterschiede in den wohnungspolitischen Ansätzen bedeuten nicht zwangsläufig eine hohe Kompromissbereitschaft. Ein gutes Beispiel dafür sind die beiden Vorgängerregierungen: Die Große Koalition aus CDU/CSU und SPD hatte zur Bundestagswahl 2013 unterschiedliche Positionen zur Mietpreisbremse. Letztlich konnte sich die SPD mit einigen ihrer Positionen durchsetzen. Im Koalitionsvertrag wurden mehrere Mietrechtsänderungen vereinbart, darunter die bis heute gültige Mietpreisbremse bei Wiedervermietungen (Einführung 2015) und die Kappung der Modernisierungsumlage (Inkrafttreten 2019).

Auch 2021 gab es große Differenzen bei der Mietpreisbremse. Während die Grünen für eine Verschärfung der Mietpreisbremse plädierten, sprach sich die FDP für eine grundsätzliche Abschaffung der Mietpreisbremse und der Kappungsgrenzen aus. Ähnlich stark waren die Gegensätze im Bereich des sozialen Wohnungsneubaus. Angesichts dieser Gegensätze wurde erwartungsgemäß mehr auf Gemeinsamkeiten als auf Kompromisse gesetzt. Das bedeutete damals eine Fokussierung auf den Wohnungsneubau und die Digitalisierung in der Bauwirtschaft. Die Mietpreisbremse blieb weitgehend unangetastet (bzw. leichte Verschärfungen wie die im Koalitionsvertrag vereinbarte Absenkung der Kappungsgrenze wurden nicht umgesetzt).
 

Ableitungen und Schlussfolgerungen


Die Bundestagswahl wird sowohl direkte als auch indirekte Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt haben. Während die indirekten Effekte hauptsächlich durch die mit der Neuwahl verbundene politische Unsicherheit entstehen, resultieren die direkten Einflüsse aus neuen wohnungspolitischen Impulsen und einer angepassten Gesetzgebung. Es ist zu erwarten, dass die negativen Folgen durch die allgemeine Unsicherheit größer sein werden als die zu erwartenden Restriktionen durch die zukünftige Regierung.

Obwohl wohnungspolitische Themen im Wahlkampf bewusst eine größere Rolle einnehmen werden, als ihnen später im Haushalt zugestanden wird, bleiben zwei Hauptschwerpunkte erkennbar: die Entwicklung und Stimulierung des Wohnungsangebots ("Wohnraumknappheit") sowie die Entwicklung der Mietpreise ("Bezahlbarkeit von Wohnraum"). Diese beiden Aspekte sind eng miteinander verknüpft und können teilweise kontraproduktiv wirken.

Angesichts der Differenzen im Bereich der Mietpreisregulierung zwischen CDU/CSU einerseits und SPD und Grünen andererseits ist zu erwarten, dass ein Kompromiss in diesem Bereich nicht allzu viele Änderungen an der derzeitigen Situation mit sich bringen wird. Stattdessen dürften die Parteien eher auf Gemeinsamkeiten im Bereich des Wohnungsneubaus setzen.

Viele wohnungspolitische Schlagwörter, die bereits beim Wohngipfel 2018 diskutiert wurden, tauchen erneut auf: Schaffung von mehr bezahlbarem Wohnraum, Senkung der Baukosten durch Vereinfachung von Vorschriften, Förderung des Eigenheimbaus, Digitalisierung des Bauwesens und Stärkung des sozialen Wohnungsbaus.

Modifizierungen im Mietrecht, wie etwa Anpassungen der Mietpreisbremse, sind nicht auszuschließen und könnten durchaus im Koalitionsvertrag verankert werden. Inwieweit alle Maßnahmen tatsächlich umgesetzt werden, bleibt allerdings fraglich und hängt auch davon ab, welche Parteien die zuständigen Ministerien (Finanz- und Justizministerium) führen werden.

Bei der Bewertung der einzelnen Punkte nach Chancen und Risiken für den Wohnungsmarkt, insbesondere den Investmentmarkt, ist zu beachten, dass die tatsächlichen Effekte oft von der konkreten Ausgestaltung und Umsetzung der Maßnahmen abhängen werden. Zum Beispiel können Anpassungen bei der Mietpreisbremse dazu führen, dass Baujahresklassen, die bisher ausgenommen sind, zukünftig mit reguliert werden. Was erhebliche Auswirkungen auf die kalkulierten Cash Flows der Investoren und finanzierenden Banken hat. Oder auch die wirtschaftlichen Auswirkungen für Eigentümer und Investoren, wenn möblierte Wohnungen und / oder zeitlich befristete Mietverträge in einer angepassten Mietpreisbremse berücksichtigt werden müssen.

Erhebliche Chancen gibt es natürlich bei allen Änderungen, die eine Ausweitung des Wohnungsangebots durch Neubau in Städten und Regionen mit Wohnraummangel zur Folge haben. 


Quellen:
[1] https://www.cducsu.de/themen/bauen-hilft-gegen-wohnungsnot [2] https://www.politikwechsel.cdu.de/ [3] https://www.gruene.de/artikel/zusammen-wachsen [4] https://www.spd.de/bundestagswahl/programm [5] https://bsw-vg.de/bundestagswahl2025/ [6] https://www.die-linke.de/bundestagswahl-2025/wahlprogramm/ [7] https://www.fdp.de/das-wahlprogramm-der-freien-demokraten-zur-bundestagswahl-2025 [8] https://www.afd.de/zeit-fuer-deutschland/?gad_source=1&gclid=EAIaIQobChMI3rDkobGGiwMVLqiDBx3PuzeqEAAYASAAEgJ_cfD_BwE

Dr. Sören Gröbel Director Research

Roman Heidrich Lead Director Value & Risk Advisory Residential