Artikel

Wer macht das Rennen um die Q-Commerce-Logistik?

Q-Commerce, die ultraschnelle Warenlieferung in den Städten, etabliert sich rasant in den größeren Zentren. Das schafft viel Potenzial für Logistikdienstleister, aber haben die ihre Chancen schon vollständig erkannt?

24. Juni 2021

Angetrieben durch Q-Commerce, also den Online-Handel mit äußerst geringen Lieferzeiten, dürfte in den kommenden Jahren in jeder Stadt je 50.000 m2 Bodenfläche mindestens ein dezentrales Distributionscenter entstehen, ein so genanntes Last-Mile-Hub. Ein fruchtbares Betätigungsfeld für Kontraktlogistikdienstleister, denn die Supply Chain auf der letzten Meile ist höchst anspruchsvoll und wegen geringer Skaleneffekte für einzelne Händler nur schwer zu stemmen.

Doch erkennen die Kontraktlogistiker auch schon ihre Chancen im vollen Ausmaß? Fehlende Kreativität konnte man ihnen in der Vergangenheit jedenfalls nicht vorwerfen. Aus Speditionen wurden weltweit aufgestellte Logistikunternehmen mit einer Vielzahl von Services. Speziell Fulfillment-Dienstleister im E-Commerce haben extreme Wachstumsprognosen und jedes Unternehmen entwickelt ständig neue digitale Services für seine Kunden. Und auch in der Corona-Krise haben sie ihre Anpassungsfähigkeit bewiesen.

Keine Logistikflächen von der Stange

Aktuell ist nicht absehbar, welche Unternehmen sich die Felder Fulfillment und Warehousing im Bereich Q-Commerce sichern. Dabei liegen die Potenziale für Logistikdienstleister auf der Hand, der Bedarf für ihre Expertise ist groß. „Die Flächenanforderungen sind nicht diejenigen von typischen Logistik-, Shoppingmall- oder Retailflächen. Jedes Q-Commerce-Unternehmen hat seine eigenen“, so Simon Melchert, Urban Logistics Consultant bei JLL.  „Und doch sind die Logistikdienstleister noch recht zurückhaltend, wenn es darum geht, in diesen Bereich zu investieren. Oder die Chancen wurden einfach noch nicht erkannt.“

Q-Commerce-Unternehmen suchen in den Großstädten kleine Standorte zwischen 250 und 1000 m2 Fläche, um Kunden innerhalb von zehn bis 60 Minuten zu beliefern. Die Kommissionierung erfolgt in diesen Last-Mile-Hubs sehr schwankend, dennoch muss immer Personal vorgehalten werden. Entsprechende Standorte mit der erforderlichen logistischen Anbindung sind schwer zu finden und an die Investition in Automatisierungstechnik ist bei den vorliegenden Volumen nicht zu denken.

„Dies sind für Logistikdienstleister eigentlich die idealen Voraussetzungen,“ so Werner Gliem, Senior Team Leader Supply Chain & Logistics Solutions bei JLL, „denn durch Konsolidierung mehrerer Q-Commerce-Unternehmen unter einem Dach können die Kosten deutlich gesenkt werden.“ Neben den Personalausgaben betrifft dies Miet-, IT- und Overheadkosten. Dabei können Logistikdienstleister auf bestehender Erfahrung aufbauen: „Multi-User-Konzepte, die für kleinere E-Commerce-Player aufgesetzt wurden, lassen sich eins zu eins auf die Q-Commerce-Branche übertragen,“ so Gliem.