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Wohnimmobilien nach der Wahl: Mieten, Modernisierungen und Neubau

Bezahlbares Wohnen, der Neubau von Sozialwohnungen sowie von bezahlbaren Mietwohnungen und die energetische Sanierung des Wohnungsbestands sind die wichtigsten wohnungspolitischen Themen. Was planen die einzelnen Parteien?

11. August 2021

Der deutsche Wohnimmobilienmarkt befindet sich seit Ende der globalen Finanzkrise 2010/2011 in einem kontinuierlichen Aufwärtstrend. Zwei Phänomene befördern diese Entwicklung und führen zu einer deutlich gesteigerten Nachfrage: Zum einen ziehen Städte und Ballungszentren mit attraktiven Arbeitgebern, breitgefächertem Freizeitangebot und öffentlicher Verkehrsinfrastruktur alle Bevölkerungsschichten an. Zum anderen sinken die Zinsen für Immobilienkredite im gleichen Zeitraum erheblich, was sich spürbar positiv in der Gesamtkostenkalkulation der Immobilienkäufer widerspiegelt.

Demgegenüber können die Fertigstellungen von neuen Wohnungen nicht im Ansatz mit den steigenden Bevölkerungszahlen in den Städten mithalten. Hier spielen drei Hauptfaktoren eine Rolle: Die Bauindustrie kann aufgrund personeller Engpässe die Kapazitäten nicht schnell genug hochfahren und zudem sind Baumaterialien wie zum Beispiel Sand und Holz knapp.

Darüber hinaus wurde in der Politik versäumt, Bauaktivitäten zu beschleunigen: Durch eine komplizierte, bauseitig aufwendige und sich teilweise in unterschiedlichen Instanzen widersprechenden Baugesetzgebung ziehen sich Genehmigungsverfahren vielfach sehr lange hin. Zahlreiche Gemeinden verpassen mit vorsichtigen Baulandausweisungen die Chance, weiteren Fachkräften Wohnraum zu bieten.

Die zunehmende Regulierung des Wohnungsmarktes weitet das Bauangebot nicht aus und ist nicht als Antwort geeignet auf den schwindenden Einfluss des Staates und der Gemeinden aufgrund der stark fallenden Anzahl von Sozialwohnungen.

Das unausgewogene Verhältnis von Angebot zu Nachfrage führte zu besagtem Ansteigen von Wohnungsmieten und Kaufpreisen in der vergangenen Dekade.

Mit Blick auf die anstehende Bundestagswahl am 26. September 2021 stellt sich die Frage, wie sich die Parteien in Bezug auf die Herausforderungen am Wohnungsmarkt positionieren.

Partei

CDU/CSU

Bündnis 90/Die Grünen

SPD

FDP

Die Linke

Mieten

Keine Veränderungen zu den derzeitigen gesetzlichen Regelungen geplant.

Die Mietpreisbremse soll befristet verlängert und verschärft werden.

Mieterhöhungen sollen auf maximal 2,5 % pro Jahr beschränkt werden.

Analog zur Mietpreisbremse soll den Bundesländern ermöglicht werden, in angespannten Wohnungsmärkten Mietobergrenzen einzuführen. 

Mieterhöhungen sollen für einen bestimmten Zeitraum (Zeitraum noch nicht bekannt) nur im Rahmen der allgemeinen Inflation erfolgen dürfen.

Verlängerung der Mietpreisbremse.

Mietmoratorium in angespannten Märkten

Die Mietpreisbremse und die Mietobergrenze sollen abgeschafft werden.

Ein Mietendeckel nach dem Berliner Modell soll bundesweit eingeführt werden.

Die Mieten sollen nur noch in Höhe der allgemeinen Inflationsrate steigen, maximal um 2 % pro Jahr.

Überhöhte Mieten sollen gesenkt werden.

Mietspiegel

Keine Veränderungen zu den derzeitigen gesetzlichen Regelungen geplant.

Verlängerung des Betrachtungszeitraums auf 20 Jahre.

Verlängerung des Betrachtungszeitraums auf 8 Jahre.

Keine Veränderungen zu den derzeitigen gesetzlichen Regelungen geplant.

Für die Berechnung des Mietspiegels sollten alle Mieten herangezogen werden, nicht nur die letzten sechs Jahre.

Für Städte soll ein Mietspiegel verpflichtend sein.

Modernisierungen

Die KfW-Programme zur energetischen Sanierung des Wohnungsbestands sollen attraktiver gestaltet werden

Die Ausgaben für energieeffiziente Modernisierungen sollen verdreifacht werden.

Mieterhöhungen aufgrund von Modernisierungen sollen auf 1,50 €/m² begrenzt werden.

Mieterhöhungen aufgrund von Modernisierungen sollen auf 4 % begrenzt werden

Keine Veränderungen zu den derzeitigen gesetzlichen Regelungen geplant.

Bisherige Modernisierungsumlage soll abgeschafft werden.

Mieterhöhungen nur in Höhe der tatsächlichen Energieeinsparungen.

Wohnungsneubau

Weitere Wohnungsbauoffensive mit dem Bau von mehr als 1,5 Mio. neuen Wohnungen bis 2025.

Verlängerung der Abschreibung im Mietwohnungsbau. Derjenige, der neue Mietwohnungen schafft, soll auch nach Ende 2021 5% der Anschaffungs- und Herstellungskosten zusätzlich von der Steuer absetzen können.

Planungs- und Genehmigungsverfahren sollen beschleunigen werden.

Verringerung der Anzahl der Bauvorschriften.

Der Bestand an Sozialwohnungen soll

innerhalb von 10 Jahren um 1 Mio. Wohnungen erhöht werden.

Die Mittel für den sozialen Wohnungsbau sollen erhöht und langfristig gesichert werden.

Bundeseigene Grundstücke und Immobilien sollen nicht mehr an private Investoren verkauft, sondern nur noch an Kommunen mit dauerhafter sozialer Bindung abgegeben werden können.

Jedes Jahr sollen 100.000 mietpreisgebundene Sozialwohnungen gebaut werden.

Die Kommune hat das Vorkaufsrecht beim Erwerb von Grundstücken.

Die Baugenehmigungsverfahren sollen beschleunigt werden und es soll eine Fokussierung auf den digitalen Bauantrag erfolgen.

Die serielle und modulare Bauweise soll verstärkt eingesetzt werden.

Die Bauordnung soll bundesweit vereinheitlicht werden.

Ein Leerstands- und Potenzialflächenkataster soll erstellt werden.

Die Bürokratie rund um den Bestandsausbau soll vereinfacht und durch ein KfW-Förderprogramm gestützt werden.

Erhöhung der linearen Abschreibung auf 3%.

Die öffentliche Wohnraumförderung soll ausgebaut werden.

Für den sozialen Wohnungsbau und die Förderung von kommunalen Unternehmen und Genossenschaftsmodellen sollen deutlich mehr Bundesmittel zur Verfügung gestellt werden.

Jährlich sollen 400.000 preisgebundene Wohnungen von genossenschaftlichen und öffentlich geförderten Wohnungsanbietern gebaut werden.

Das Prinzip einmal gefördert, immer gebunden soll eingeführt werden.

Energetische (Gebäude-/ Immobilien-spezifische) Maßnahmen

Attraktivität der KfW-Programme erhöhen.

Weitere Verbesserung der steuerlichen Förderung der energetischen Sanierung.

„Mieterstrom“ soll vorangebracht und noch bestehende Hemmnisse abgebaut werden. 

Erneuerbare Energien sollen nach marktwirtschaftlichen Prinzipien bepreist werden.

Bereits im Jahr 2023 soll der CO2-Preis auf 60 Euro erhöht werden.

Die Regeln für das lokale Stromnetz ("Mieterstrom") sollen vereinfacht werden.

Beim Austausch von Heizungsanlagen und bei umfassenden Sanierungen sollen verpflichtend Anbieter von erneuerbaren Energien eingesetzt werden.

Ein Investitionsprogramm für 2 Mio. Wärmepumpen bis 2025 soll aufgelegt werden.

Die Kosten der CO2-Bepreisung sollen vom Vermieter getragen werden, für Mieter wird eine Warmmietenneutralität angestrebt.

Bis 2040 soll der Strom vollständig aus erneuerbaren Energien stammen.

Photovoltaikanlagen sollen auf allen geeigneten Anlagen installiert werden, vor allem auf öffentlichen Gebäuden, Schulen und großen Gewerbeimmobilien wie Supermärkten.

Mieterstrom soll gefördert werden.

Bundesweiter Klima-Check aller Gebäude bis 2025.

Mit verbindlichen Sanierungsplänen soll bis 2040 ein klimaneutraler Gebäudebestand gewährleistet werden.

Investitionen von 10 Mrd. Euro pro Jahr für energieeffiziente Sanierungen.

Zusammenfassend kann man sagen, dass die eher konservativen Parteien den Mietanstieg mit einer Ausweitung des Angebots und weniger Regulierung bremsen wollen. Insbesondere Hemmnisse bei den Genehmigungsprozessen für neue Wohnungen sollen verringert bzw. abgebaut werden.

Die eher linksorientierten Parteien setzen dagegen auf eine deutlich stärkere Regulierung des Mietwohnungsmarktes. Sei es über die Begrenzung der absoluten Miethöhen, als auch der Mietanpassungsmöglichkeiten über Mietspiegel sowie der Modernisierungsumlage.

Einig sind sich nahezu alle Parteien darin, dass der Bestand an Sozialwohnungen in Deutschland wieder ausgebaut werden muss. Und auch bei den energetischen Gebäude-Maßnahmen gibt es einige Überschneidungen.

Fest steht, auch nach der Bundestagswahl im September und egal wie danach ein Regierungsbündnis aussieht: Das Thema Wohnungspolitik wird aufgrund seines sozialen und energie-ökologischen Einflusses auch in den nächsten Jahren nicht von der politischen Agenda verschwinden, und es müssen gemeinsame Lösungsansätze mit allen beteiligten Parteien gefunden werden.